Interview

„Viele Schulen und Schulträger sind überfordert“

Viele Eltern sehen der nächsten Runde im Heimunterricht mit Sorgen entgegen. Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Margit Stumpp , sieht Versäumnisse in den Ländern.

05.01.2021

Von KATHARINA SCHMIDT

Margit Stumpp, Schulexpertin der Grünen im Bundestag Foto: Stella von Saldern

Margit Stumpp, Schulexpertin der Grünen im Bundestag Foto: Stella von Saldern

Sind kürzere Sommerferien sinnvoll oder notwendig?

Margit Stumpp: Sowohl Lehrkräfte als auch Schülerinnen und Schüler werden nach diesem anstrengenden Schuljahr die Ferien dringend zur Erholung brauchen. Außerdem werden wenige Wochen zum Aufholen der Defizite nicht reichen, sie können allenfalls ein zusätzliches Angebot sein. Deswegen sollen solche Angebote in den Ferien allenfalls auf freiwilliger Basis angeboten werden. Viel wichtiger und sinnvoller ist es, eine mittelfristige Strategie zum Aufholen von Lernlücken zu entwickeln. Dafür könnte man auch Lehramtstudierende und pädagogisch geschulte Freiwillige als Mentoren einsetzen oder auch kurzfristig Nachhilfe- oder Aufholangebote schaffen.

Wer entscheidet über die Ferien?

Es wäre natürlich wünschenswert, wenn die Kultusministerkonferenz in der Pandemie endlich anpacken und gestalten würde, statt nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zu verwalten und sich von den Ministerpräsidenten treiben zu lassen. Die Entscheidung über die Ferien ist reine Länderzuständigkeit. Mir wäre es wichtiger, klare Ziele zu definieren und dann die Schulen und Schulträger die besten Lösungen vor Ort entwickeln zu lassen. Was sie dafür brauchen, sind zusätzliche Ressourcen, die auch von Seiten des Bundes flexibel zur Verfügung gestellt werden könnten.

Warum scheitert der Fernunterricht wie beim Berliner Lernraum?

Die Schulen hierzulande waren auf die Pandemie nicht vorbereitet, weil die Digitalisierung über Jahre verschlafen wurde. Die Länder haben abgewartet, bis der über Jahre angekündigte Digitalpakt Schule endlich kommt. So wurden viele Jahre verloren, was sich gerade in der aktuellen Ausnahmesituation böse rächt. Andererseits gibt es Schulen, die hervorragend gerüstet sind, weil sich Lehrkräfte schon seit Jahren in Sachen Digitalisierung engagieren. Mit dieser Kompetenz hätte man „Einsatzteams“ bilden können, die ihr Wissen in der Krise schnell an andere Schulen weitergeben können.

Wo hakt es beim Digitalpakt?

Viele Schulen und Schulträger sind überfordert, ein Medienkonzept für ihre Schule zu entwerfen, das die Grundlage für den Antrag auf Fördermittel ist. Leider kamen mit der Pandemie wieder unzählige neue Aufgaben auf die Schulen zu, die dringlicher waren. Die zügige Umsetzung scheitert also an der Bürokratie. Daneben habe ich von Beginn an kritisiert, dass der Digitalpakt keine IT-Fachkräfte für die Administration an den Schulen vorsieht. Doch ohne diese wird es nicht gehen. Solange die Schuldigitalisierung alleine an engagierten Lehrkräften und Schulleitungen hängt, wird der Digitalpakt nicht zünden können. Ein dritter Grund ist der fehlende didaktische Unterbau: Viele Lehrer sind noch nie mit digitalem Lehren in Berührung gekommen. Katharina Schmidt

Ein Schüler bedient an einem Notebook eine Lernplattform. Doch diese Plattformen stecken in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Foto: Marijan Murat/dpa

Ein Schüler bedient an einem Notebook eine Lernplattform. Doch diese Plattformen stecken in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Foto: Marijan Murat/dpa

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Erstellt:
05.01.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 14sec
zuletzt aktualisiert: 05.01.2021, 06:00 Uhr

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