Union

Teams, Termine, Temperamente

Schon vor dem Gespräch mit der FDP knirscht es gewaltig in der Union. Teilen der Fraktion graut es vor der Oppositionsrolle.

02.10.2021

Von ELLEN HASENKAMP

CDU-Chef Armin Lascher steht nach der Wahlniederlage innerparteilich unter Druck. Foto: Kay Nietfeld

CDU-Chef Armin Lascher steht nach der Wahlniederlage innerparteilich unter Druck. Foto: Kay Nietfeld

Berlin. Viel war am Wahlsonntag bei der Union von Verantwortung für das große Ganze die Rede. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak beispielsweise zitierte das alte Motto: „Erst das Land, dann die Partei.“ Ihr schlechtes Ergebnis, so die Binnensicht, sollte die Schwesterparteien nicht davon abhalten, Deutschland vor einer rot-grün-gelben „Linksregierung“ zu bewahren – und selbst an der Macht zu bleiben. Zuletzt aber schien bei der Union alles Mögliche wichtiger zu sein, als mit FDP und Grünen über Jamaika zu reden. Runde Geburtstage (der von Ex-CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber), Gespräche mit der Basis (bei der CSU) sowie natürlich die Feierlichkeiten am 3. Oktober. Deswegen also findet das vielleicht vorentscheidende Gespräch zwischen CDU und CSU mit den Kollegen von der FDP nun erst am Sonntagabend statt. Und dann ist dann noch Friedrich Merz, der – so zitiert es die „Bild“ aus seinem Umfeld, wieder für den Parteivorsitz kandidieren möchte.

Die Matrix aus Bayern

Die Schuld für dieses wenig vorteilhafte Timing wird zwischen Christsozialen und Christdemokraten hin und her geschoben. Während von Seiten der CDU die Stoiber-Feier und die bayerischen Basisberatungen als Ursache betont wurden, konterte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: „Wir stehen die ganze Woche zur Verfügung.“ Für wie wenig vorbereitet die CSU die Schwesterpartei unter Führung von Armin Laschet hält, hatte sie am Dienstag öffentlich gemacht. Mit Begriffen wie „Arbeitsfähigkeit“, „Ordnung“, „Stabilität“ begründete Dobrindt, warum er Laschets Idee eines Übergangs-Fraktionschefs für unverantwortlich hielt. Und der angereiste Parteichef Markus Söder ließ wissen, er und seine Leute hätten da schon mal „eine Matrix für denkbare Gespräche“ mit möglichen Sondierungspartnern aufgestellt. Bei Bedarf, so klang es, dürfe sich die CDU gerne bedienen.

Doch damit nicht genug: Auch die Formation des Verhandlungsteams der Union sorgt für Irritationen. Nachdem die CSU fünf Politiker benannt hatte – neben Söder und Dobrindt auch Generalsekretär Markus Blume, Staatsministerin Dorothee Bär und Parlamentsgeschäftsführer Stefan Müller – zog die CDU in doppelter Stärke nach: Zehn Personen – Laschet, Ziemiak, alle fünf Parteivizes plus drei Ministerpräsidenten – sollen auflaufen. Dies mag eine Machtdemonstration gegenüber der CSU sein, verstärkt aber den Eindruck, dass Laschet keine Prokura mehr hat. Für die angestrebte Vertraulichkeit lässt diese Großveranstaltung nichts Gutes erahnen. Die Grünen machen inzwischen keinen Hehl mehr daraus, dass sie die Union derzeit für unzumutbar halten.

Derweil geht – siehe Merz – die innerparteiliche Debatte in der CDU weiter. Während die ehemalige Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Partei davor warnt, sich zu sehr auf eine mögliche Regierungsbeteiligung zu fokussieren, argumentieren andere dagegen. „Ich halte es da mit dem alten SPD-Spruch: Opposition ist Mist“, sagt die Vorsitzende der Unionsfrauen im Bundestag, Yvonne Magwas, dieser Zeitung. „Wir wollen ja nicht nur Papiere produzieren, sondern auch etwas erreichen. Das geht nun mal am besten, wenn wir regieren.“ Magwas, die einen der wenigen Wahlkreise in Sachsen gegen die AfD behaupten konnte, fordert zudem mehr Augenmerk für die Konkurrenz von rechts. Die AfD habe sich „weiter professionalisiert und ist voll kampagnenfähig“, warnt sie. Die Partei präsentiere sich „als vermeintlich bürgerlich-konservativ, ist aber an Haupt und Gliedern rechtsradikal. Das ist das Problem, und da müssen wir mit aller Kraft gegenhalten.“ Die Union hatte am vergangenen Sonntag im Osten besonders stark verloren und landete bei insgesamt nur 17,1 Prozent. In Thüringen und Sachsen kam die AfD auf Platz eins.

Ellen Hasenkamp

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Erstellt:
02.10.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 45sec
zuletzt aktualisiert: 02.10.2021, 06:00 Uhr

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