Corona-Lockdown

Palmer und Kollegen fordern Öffnung der Innenstädte

Einmal mehr machen Boris Palmer (Tübingen), Richard Arnold (Schwäbisch Gmünd) und Matthias Klopfer (Schorndorf) gemeinsame Sache. Sie appellieren an Bund und Land, die Innenstädte im Februar kontrolliert zu öffnen.

09.02.2021

Von ST

OB Boris Palmer in seinem Dienstzimmer. Archivbild: Ulrich Metz

OB Boris Palmer in seinem Dienstzimmer. Archivbild: Ulrich Metz

„Der Einzelhandelsverband Baden-Württemberg fürchtet 12.000 Insolvenzen allein in Baden-Württemberg durch die anhaltende Schließung des Handels. Ein Viertel der Modegeschäfte ist laut Umfrage von der Insolvenz bedroht. Trotz der zugesagten, aber vielfach bisher nicht ausgezahlten Hilfen drohen bald erhebliche Leerstände in den Innenstädten. Die Kaufkraft wandert ins Internet ab. Der große Profiteur ist Amazon“, so beginnt die Pressemitteilung, die von der Stadtverwaltung Tübingen am Dienstagmorgen verschickt wurde.

Dabei stehe noch nicht einmal fest, dass die Logistik der Online-Lieferanten weniger Infektionen verursacht als der stationäre Handel. Ausbrüche in den Logistikzentren und die Verteilung der Pakete an den Haustüren lassen nach Meinung der Politiker auch hier Zweifel aufkommen. Je länger der Lockdown anhalte, umso mehr Händler geben auf, umso mehr Kunden wandern ab. Deshalb brauche es jetzt so schnell wie möglich einen Marshall-Plan für die Innenstädte wie im Städtetag diskutiert.

Die Oberbürgermeister Richard Arnold (CDU), Matthias Klopfer (SPD) und Boris Palmer (Grüne) lassen sich unisono zitieren: „Nach zehn Wochen im Lockdown wachsen die Schäden an der Verfassung des Gemeinwesens unserer Städte und am Innenstadthandel exponentiell. Die Innenstädte sind nicht einfach nur Handelsplätze, sie sind seit Jahrhunderten der Ort, an dem Bürgerstolz und Bürgersinn entstehen. Wir benötigen im Februar Konzepte für eine kontrollierte Öffnung, sonst erleiden unsere Städte einen irreparablen Schaden an Substanz und Seele.“

Unter kontrollierter Öffnung verstehen die Oberbürgermeister demnach „eine Kombination bekannter und neuer Instrumente“: FFP2- oder OP-Masken könnten den Handel so sicher machen wie Bus oder Bahn, führen sie aus. Für einen ersten Öffnungsschritt seien strikte Personenbegrenzungen und Terminvereinbarungen möglich. Vielen kleinen Geschäften genüge, einen Kunden im Laden zu bedienen, bevor der nächste eintritt.

Friseursalons könnten zunächst immer nur einen Kunden pro Raum bedienen. Größere Kaufhäuser oder Baumärkte könnten den Einlass an einen negativen Schnelltest koppeln. Besser als ganz zu schließen, sei ein exklusives Zeitfenster zum Einkauf für Senioren. Personen über 65 Jahren sollten von Montag bis Freitag eine Stunde zum Einkaufen reserviert bekommen. Denn in dieser Altersgruppe sei die Inzidenz niedriger, das Risiko, schwer zu erkranken, aber drastisch größer.

Für Arnold, Klopfer und Palmer ist klar: „So wie jetzt kann es nicht weitergehen. Wir brauchen differenziertere Lösungen statt pauschaler Verbote. Der Handel in den Städten ist schon auf der Intensivstation. Er braucht eine Rettung jetzt. Wir sind überzeugt, dass diese mit klugen Schutzkonzepten jetzt möglich ist.“

Neben einer klaren Perspektive für den Handel fordern die Rathauschefs auch eine kontrollierte Öffnung der Museen, Galerien und Stadtbüchereien – mit Maskenpflicht, Voranmeldung und Flächenvorgabe pro Besucher. „Die Städte sind seit Jahrhunderten nicht nur Mittelpunkt des Handels, sondern auch der Kultur. Unsere Teams in den Museen und Bibliotheken haben funktionierende Hygienekonzepte in den Schubladen. Öffentliche Kultureinrichtungen waren und sind keine Treiber der Pandemie, deshalb wollen wir auch für diesen Bereich unseres städtischen Lebens eine vertretbare Öffnungsperspektive“, schließen Arnold, Klopfer und Palmer ihren gemeinsamen Appell.

Ein altbekanntes Trio

Immer wieder arbeiten Boris Palmer, Richard Arnold und Matthias Klopfer zusammen – obwohl sie drei verschiedenen Parteien angehören. Zuletzt hatten sie im Herbst einen Brandbrief an die Landesregierung geschrieben, in dem sie für einen Sonntagsverkauf in der Advents- und Weihnachtszeit appellierten. Im Sommer hatten sie einen verpflichtenden gesellschaftlichen Grunddienst gefordert, nachdem es zuvor beispielsweise die Stuttgarter Krawallnacht gab.

Ihre Namen tauchten auch auf der Liste vieler Oberbürgermeister und Bürgermeisterinnen auf, die unter dem Motto „Das Leben in den Städten schützen“ einen gemeinsamen Appell an Ministerpräsident Winfried Kretschmann richteten, in dem sie sich gegen einen pauschalen Lockdown für Kunst, Kultur und Gastronomie aussprechen. Palmer galt dabei als Initiator.

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Erstellt:
09.02.2021, 10:18 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 09.02.2021, 10:18 Uhr

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