Corona

Kommt 3G am Arbeitsplatz für alle?

Die Diskussion um den Impfstatus der Mitarbeiter nimmt angesichts steigender Infektionszahlen wieder Fahrt auf. Experten sagen, was erlaubt ist.

05.11.2021

Von Julia Kling

Die Diskussion um die 3G-Regel nimmt wieder Fahrt auf. Foto: Robert Michael/picture alliance/dpa

Die Diskussion um die 3G-Regel nimmt wieder Fahrt auf. Foto: Robert Michael/picture alliance/dpa

Ulm. Geimpft, genesen, getestet. Geht es nach dem Willen zahlreicher Verbände und Unternehmen sollte die Erfüllung eines dieser drei Kriterien darüber entscheiden, ob der Zugang zum Arbeitsplatz gewährt wird. Seit die Zahl der Neuinfektionen steigt, werden immer mehr Stimmen laut, die eine rechtliche Grundlage für die Einführung der 3G-Regel in Betrieben fordern.

Der Softwarekonzern SAP appelliert bereits an seine Mitarbeiter, nur noch unter Einhaltung der 3G-Regel in die Büros zu kommen. Kontrolliert werden die Regeln zwar nicht, man setze aber auf gegenseitiges Vertrauen, erklärte ein Unternehmenssprecher zuletzt das Vorgehen des Unternehmens. „Die Gesundheit und Sicherheit von Mitarbeitenden und Besuchern hat für uns höchste Priorität.“ In Bayern soll ab Samstag in Hotspots die 3G-­Pflicht in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten gelten – wenn die Betroffenen während ihrer Arbeit Kontakt zu anderen Personen haben. Handel und ÖPNV sollen ausgenommen werden.

Doch wie lässt sich diese Maßnahme mit dem Recht auf Datenschutz der Beschäftigten übereinbringen? In Bayern erlaube eine entsprechende Landesverordnung den Vorstoß, erklärt Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht. „Grundlage dafür ist eine seit Mitte September im Infektionsschutzgesetz eingeführte Regelung, die für den Zeitraum des Bestehens einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite solche Regelungen zulässt.“ Die Einhaltung der 3G-Regeln am Arbeitsplatz könne ein Unternehmen auch datenschutzkonform umsetzen, sagt Christof Stein. „Dafür müssen die Daten nicht dauerhaft gespeichert oder verarbeitet werden.“ Meist seien Homeoffice-Regelungen oder das Tragen einer Maske am Arbeitsplatz das mildere Mittel, erklärt der Sprecher des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit. Grundsätzlich sei mit Blick auf den Datenschutz der Unterschied zwischen Einführung der 3G-Regel und Abfrage des Impfstatus wichtig, sagt Stein. „Für die pauschale Abfrage des Impf- oder Teststatus gibt es bislang keine gesetzliche Grundlage in Deutschland.“

Ausnahmen gebe es lediglich für bestimmte Berufsgruppen, etwa im medizinischen Bereich oder an Schulen. „Eben dort, wo die Gefährdung für Dritte besonders hoch ist.“ In solch einem Fall muss der Mitarbeiter die Frage auch wahrheitsgemäß beantworten, betont Fuhlrott. „Weigert er sich oder erteilt er eine Falschauskunft, kann dies eine Pflichtverletzung darstellen, die Konsequenzen von Abmahnung bis hin zur Kündigung nach sich ziehen kann.“

Auch wenn der oder die Beschäftigte eine Ausgleichszahlung aufgrund einer angeordneten Quarantäne wolle, darf der Arbeitgeber Stein zufolge den Impfstatus des Betroffenen erfragen. Die Abfrage sei in diesem Fall anlassbezogen und im Interesse des Beschäftigten. Auch den Zugang zu Einrichtungen wie etwa der Kantine oder Festen wie der Firmenweihnachtsfeier, kann der Arbeitgeber an die 3G-Regel koppeln, erklärt Fuhlrott. „Anders als die Arbeitsleistung ist die Teilnahme an Weihnachtsfeiern nicht verpflichtend.“ Wichtig sei lediglich, dass sich die Maßnahme als angemessen und verhältnismäßig erweise. „Dies wird man aber bejahen dürfen, insbesondere angesichts derzeit wieder steigender Infektionszahlen“, schätzt Fuhlrott mit Blick auf die momentane Lage.

Generell sei es notwendig, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, betont der baden-württembergische Datenschutzbeauftragte Stefan Brink. „Es ist wichtig, Klarheit zu schaffen.“ Dazu zähle jedoch neben den Regeln an sich auch wie diese  kontrolliert werden können. Wozu darf der Arbeitgeber die Daten nutzen? Darf er sie speichern und wenn ja wie lange? „Ansonsten ist das Gesetz ein zahnloser Tiger.“ Zudem dürfe Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch die Abfrage kein Nachteil entstehen, etwa wenn eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei. „Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht immer ein Abhängigkeitsverhältnis“, gibt Brink zu bedenken.

Eine bundesweite Umsetzung der 3G-Pflicht wäre Fuhlrott zufolge durch Änderungen im Infektionsschutzgesetz oder im Wege einer Regelungen durch das Bundesarbeitsministerium möglich. Diese seien jedoch nur solange möglich, wie die epidemische Lage von nationaler Tragweite besteht. „Diese läuft jedoch Ende November aus. Nach den Ankündigungen von SPD, FDP und Grüne soll es keine Verlängerung geben.“ Damit würde Stand heute eine Rechtsgrundlage fehlen.

Verpflichtung endet

Noch bis zum 24. November dauert die epidemische Lage nationaler Tragweite an. Läuft diese aus, endet auch die Verpflichtung der Unternehmen, ihren Beschäftigten zwei kostenlose Corona-Tests pro Woche zu Verfügung zu stellen. Ob ihre Mitgliedsbetriebe in der Folge freiwillig die Kosten für regelmäßige Tests übernehmen, konnten der Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Industrie- und Handelskammertag auf Nachfrage noch nicht sagen. IG Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban zufolge würden betriebliche Schutzmaßnahmen jedoch in der Breite häufig erst dann umgesetzt, wenn es rechtliche Verpflichtungen dazu gebe. jkl

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Erstellt:
05.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 13sec
zuletzt aktualisiert: 05.11.2021, 06:00 Uhr

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