Minderjährige missbraucht und Kindes-Entführung geplant

Kinderpornografie-Prozess gegen 23-jährigen Reutlinger am Tübinger Landgericht

Ein 23-jähriger Reutlinger soll Minderjährige missbraucht haben . Außerdem habe er geplant, ein Kind zu kidnappen. In Thailand soll er mehrere Jungen zur Prostitution „organisiert“ haben.

16.03.2017

Von Madeleine Wegner

Symbolbild: Sommer

Symbolbild: Sommer

Akurater Haarschnitt, schmal geschnittenes Jackett, Grinsen im Gesicht: So saß der 23-Jährige Reutlinger am Donnerstag im Schwurgerichtssaal des Tübinger Landgerichts, als Staatsanwältin Rotraud Hölscher die Anklage verlas. Dem jungen Mann wird vorgeworfen, minderjährige Jungen sexuell missbraucht zu haben.

In Thailand soll er zudem einen Partner beauftragt haben, Kinder zu organisieren, um diese zur Prostitution zu zwingen. In Deutschland soll der Reutlinger zusammen mit anderen Komplizen bereits die Entführung eines Kindes geplant haben. Außerdem habe er hunderte kinder- und jugendpornografischer Bilder in Internet-Chats verschickt. Mehrere tausend solcher Bilder soll er besessen haben.

Die Liste der Taten, die die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vorwirft, ist lang. Der Reutlinger sei bereits seit mehreren Jahren als Escort tätig gewesen und habe Kontakte zu zahlungskräftigen, erwachsenen Männer gehabt. Auf Internetplattformen soll er Sex gegen Bezahlung und „ohne viel Blabla“ angeboten haben.

Auch die Kontakte zu Minderjährigen soll er über Internetplattformen angebahnt haben. Im Frühjahr 2015 habe er sich beispielsweise mit einem 14-Jährigen für sexuelle Handlungen getroffen. Dafür habe er dem laut Anklage „äußerst kindlich aussehenden Jugendlichen“ Geld, ein Smartphone oder ähnlich teure Dinge gegeben. Außerdem habe er pornografische Fotos von dem Jungen gemacht – als Werbung, um anderen Männern Sex mit dem Jungen für Geld anzubieten.

Der Junge sollte getötet werden

Ebenfalls über das Internet und verschiedene Internetplattformen und Chat-Dienste habe er Kontakt zu erwachsenen Gleichgesinnten gesucht. Seit spätestens Ende 2014 soll er vorgehabt haben, ein Kind zu entführen. Mit einem früheren Sexualpartner habe er sich darüber ausgetauscht, ein Kind in der Nähe einer Schule oder eines Sportgeländes zu entführen, es in einen Kleinbus zu locken und zu vergewaltigen. Auch über die „Entsorgung“, also Tötung des Opfers, habe er sich bereits Gedanken gemacht. Dem anderen Mann sei dies schließlich zu viel geworden, er habe die Beziehung zu dem Reutlinger im August 2015 abgebrochen.

Übers Internet soll sich der junge Mann auf die Suche nach einem neuen „Partner für etwas Großes“, nämlich für einen „Dreier mit Milchbubis“ gemacht haben. Er fand zwei Gleichgesinnte aus Metzingen und Vaihingen/Enz, mit denen er sich im Juni 2016 in Stuttgart getroffen haben soll, um die Entführung zu planen. Ein Flüchtlingskind wolle man entführen oder ein Kind im benachbarten Ausland. Später habe sich der Reutlinger bei seinen Komplizen für die „guten Ideen“ bedankt. Zur Umsetzung des Plans kam es – durch die Festnahme im August vergangenen Jahres – nicht mehr.

Bis nach Thailand sollen die Pläne des jungen Mannes gereicht haben. Dort scheinen sie auch teilweise bereits umgesetzt worden zu sein: Einen Bekannten soll der Reutlinger in Thailand beauftragt haben, mehrere Jungen zu organisieren – mit Gewalt oder notfalls mit Drogen wollte man die „Boys“ gefügig machen.

Hundertfach Kinderpornografie

Fünf Jungen soll der kambodschanische Komplize dann auch tatsächlich in Thailand „geholt“ haben. Fotos von acht- bis 18-Jährigen habe er zum Beweis dem Reutlinger Auftraggeber geschickt und weiteres Geld für den Unterhalt der Jungen gefordert. Der junge Reutlinger soll angekündigt haben, zusammen mit seinem Geschäftspartner bei einer ursprünglich für den November vergangenen Jahres geplanten Thailand-Reise die Jungen zunächst selbst zu vergewaltigen und dann zur Prostitution zu zwingen. Auch zu der Thailand-Reise ist es durch die Festnahme nicht mehr gekommen.

Nicht zuletzt listet die Anklageschrift zahlreiche Delikte rund um jugend- und kinderpornografisches Material auf. Vor allem soll der Angeklagte hunderte solcher Bilder, darunter auch Fotos von wenige Monate alten Jungen, verschickt haben. Pornografische Bilder habe er unter anderem an Minderjährige gesendet. Vor allem aber habe er auch Kontakt zu gleichgesinnten Erwachsenen gesucht und per Internet und Messenger-Dienste Fotos angeboten.

Verteidiger Achim Unden kündigte beim Prozessauftakt vor der Jugendschutzkammer des Landgerichts Tübingen an, dass sein Mandant umfassende Angaben machen wolle. Da es dabei unter anderem um konkrete Sexualpraktiken geht, wurde die Öffentlichkeit zum Schutze der minderjährigen Opfer ausgeschlossen. Bis Juli sind noch 17 weitere Verhandlungstermine angesetzt, am Dienstag wird die Verhandlung fortgesetzt.

Info

Vorsitzender Richter: Armin Ernst, Richterin am Landgericht: Diana Scherzinger, Beisitzer:Simon Müller; Schöffen: Margit Gärtner, Michael Schwarz; Staatsanwältin: Rotraud Hölscher; Nebenklagevertreter: Andrea Sautter, Daniel Heuser; Verteidiger: Achim Unden; Sachverständiger: Stephan Bork.

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Erstellt:
16.03.2017, 17:38 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 08sec
zuletzt aktualisiert: 16.03.2017, 17:38 Uhr

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