Corona

Fitnessstudios, Restaurants, Impfteams: So wirkt sich die Warnstufe im Alltag aus

In vielen Bereichen im Südwesten gilt seit Mittwoch eine strengere Testpflicht für Ungeimpfte. Fitnesstudios und auch die Gastronomie trifft das hart.

04.11.2021

Von David Nau

„Das wirkt sich massiv auf user Geschäft aus“: Fitnessstudios empfinden die neuen Corona-Regeln als hart. Bild: dpa

„Das wirkt sich massiv auf user Geschäft aus“: Fitnessstudios empfinden die neuen Corona-Regeln als hart. Bild: dpa

Ulm. Es wird komplizierter und vor allem teurer: Für Menschen in Baden-Württemberg, die sich nicht gegen das Coronavirus haben impfen lassen, hat die neue Corona-Warnstufe, die seit Mittwoch gilt, große Auswirkungen auf den Alltag. Denn: In vielen Bereichen, in denen Ungeimpfte bislang einen negativen Corona-Schnelltest vorzeigen mussten, darf jetzt nur noch der sicherere, aber teurere PCR-Test akzeptiert werden.

Zum Beispiel beim Sport in geschlossenen Räumen, etwa in Fitnessstudios. Nicola Scheller ist Geschäftsführer der InShape-Fitnessclubs mit Sitz in Göppingen und betreibt mehrere Studios in vier Landkreisen. Für seine Branche ist die jetzt geltende PCR-Testpflicht für Ungeimpfte ein weiterer Rückschlag. „Das wirkt sich massiv auf unser Geschäft aus“, sagt Scheller. Durch die Einschränkungen in den vergangenen eineinhalb Jahren habe die Fitnessbranche bereits rund 30 Prozent ihrer Kunden verloren. „Und jetzt werden wieder einige Kunden fernbleiben“, prognostiziert der Geschäftsführer. Er glaubt nicht, dass seine Kunden vor dem Besuch im Fitnessstudio einen PCR-Test machen lassen. „Die Kosten sind viel zu hoch. Das ist ein Defacto-Ausschluss der Ungeimpften“, sagt Scheller.

Und der könnte nach Ansicht Schellers, der sich auch im Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen engagiert, für viele kleinere Studios der berühmte Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt: „Das wird für viele Fitnessstudios finanziell gesehen langsam vital gefährdend. Ich rechne damit, dass es bald Insolvenzen hagelt.“

Zu schaffen machen die neuen Regeln auch den Restaurants und Gaststätten im Südwesten. „Zugangsbeschränkungen für nicht Immunisierte bedeuten immer wirtschaftliche Verluste für das Gastgewerbe“, teilt ein Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Stuttgart mit. Die Einschränkungen hätten nicht nur Auswirkungen auf spontane Restaurant-Besuche, sondern auch Stornierungen im Veranstaltungs- und Tagungsbereich zur Folge.

Bei einer Verbandsumfrage gaben dem Sprecher zufolge gut 58 Prozent der teilnehmenden Unternehmen an, dem Jahresend-Geschäft mit negativen oder sehr negativen Erwartungen entgegenzusehen. Positiv blickten nur 15 Prozent der befragten Mitgliedsunternehmen in die Zukunft. Von der Landesregierung fordert der Dehoga stabile „Rahmenbedingungen“, die für Betriebe mit 2G-Regeln auch unabhängig von der Stufe gelten sollten. „Dies betrifft insbesondere Erleichterungen für Gäste bei der Maskenpflicht“, so der Sprecher. In der Basisstufe konnten die Betreiber von Gaststätten freiwillig eine 2G-Regelung einführen, mit der die Maskenpflicht für Gäste und Personal entfiel. In der Warnstufe ist diese Regel nicht mehr vorgesehen.

Klinken: Trend macht Sorge

Begrüßt werden die Ausrufung der Warnstufe und die damit verbundenen Regelverschärfungen dagegen von der baden-württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG). „Wir hoffen, dass dies Wirkung zeigt“, sagte deren Vorstandsvorsitzender Heiner Scheffold, der auch Landrat des Alb-Donau-Kreises ist. Aktuell sei die Situation in den Krankenhäusern noch zu bewältigen. „Der Trend ist aber besorgniserregend.“ Wenn die Zahl der Covid-Patienten auf den Intensivstationen weiter im derzeitigen Umfang ansteige, müssten die Kliniken wieder planbare Operationen verschieben – auch um das Personal zu entlasten. Das sei nach 18 Monaten Pandemie ausgelaugt.

Zudem reiße die Pandemie „tiefe Löcher in die Kassen der Krankenhäuser“. Scheffold fordert deswegen von Bund und Land, Personaluntergrenzen wieder auszusetzen und finanzielle Hilfen für Krankenhäuser zu bieten. „Wer fordert, wieder mehr Intensivbetten für Covid-19-Patienten vorzuhalten, muss auch für eine auskömmliche Finanzierung sorgen“, sagt der BWKG-Chef.

Wirken sich die neuen Regeln auch auf die Impfbereitschaft der Menschen aus? „Uns erreichen vereinzelt Meldungen, dass sich vor den mobilen Impfteams wieder Schlangen bilden“, teilt ein Sprecher des Sozialministeriums hierzu mit. Er verweist aber darauf, dass durch die zunehmenden Booster-Impfungen für Ältere ein falscher Eindruck entstehen ­könnte.

Zahlen des Klinikums Stuttgart lassen aber auch einen anderen Schluss zu. Im Oktober hätten die mobilen Impfteams des Krankenhauses mehr als 7000 Menschen geimpft, 3500 seien Erstimpfungen gewesen, erklärt der Oberarzt Christian Menzel, der die Arbeit der Impfteams koordiniert. Auch insgesamt hätten die Impfteams eine hohe Nachfrage bemerkt, „teilweise mehr als wir bedienen konnten“.

Hausarzt oder Testzentrum: Wo gibt es PCR-Tests?

Wo genau Menschen, die einen PCR-Test für den Besuch im Fitnessstudio oder im Restaurant machen wollen, eine Teststation finden, ist nicht ganz klar. Man habe keine Übersicht über diese Angebote, heißt es im Sozialministerium. Informationen gebe es in der Regel auf den Internetseiten der Städte und Gemeinden.

Wer Symptome hat oder etwa einen positiven Schnelltest, kann auch den Hausarzt oder eine Corona-Schwerpunktpraxis aufsuchen. Theoretisch dürfen Hausarztpraxen auch PCR-Tests für das Freizeitvergnügen anbieten – natürlich auf Kosten der Patienten. Sie könne sich allerdings nicht vorstellen, dass viele Hausärzte dies anböten, teilt eine Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg mit. In den Hausarztpraxen sei aktuell ohnehin genug los.

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Erstellt:
04.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 19sec
zuletzt aktualisiert: 04.11.2021, 06:00 Uhr

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