Politik

Ein Schnack ist drin: Die neuen Abgeordneten von Grünen und FDP

Freiheit, Zukunft, Klimaschutz: Die Erstwähler wissen, was sie wollen. Und anders als erwartet wählten sie zur Bundestagswahl in Mehrheit nicht die Grünen, sondern die FDP – wenn auch knapp. Sind die Jungwähler nun ökoliberal oder zeichnet sich da die Entstehung zweier konträrer Lager ab?

02.10.2021

Von SOPHIE-MARIE ERXMEYER

Berlin. Eine, die deutlich auf den Punkt bringt, was die junge Generation zu diesem Wahlergebnis getrieben haben könnte, ist Saskia Weishaupt: „Ich glaube, es geht darum, dass man eine Zukunft hat, in der man auf diesem Planeten leben kann“, sagt sie. Weishaupt ist mit 28 Jahren eine der jüngsten Abgeordneten im frisch gewählten Bundestag. Und in der lebenswerten Welt, die FDP und Grüne nun möglicherweise mithilfe einer Ampel-Koalition erschaffen wollen, geht es nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um soziale Gerechtigkeit.

Was beide Parteien ihren Wählern vermitteln wollen, ist die Aufbruchstimmung: Deutschland soll endlich fortschrittlicher werden. Mit mehr Stimmrechten für die Jugend etwa. FDP und Grüne fordern deshalb eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Gemeinsam unterstützen sie auch die Legalisierung von Cannabis. Weitere Schnittmengen gibt es in der Bildungspolitik oder bei Bürgerrechten, insbesondere die der LSBTIQ-Gemeinschaft.

Neugierde und Technik

Dass diese Themen bei jungen Menschen durchaus punkten, sieht die FDP-Abgeordnete Ria Schröder auch in ihrem Freundeskreis: „Da sind die FDP oder die Grünen häufig an erster Stelle und die jeweils andere Partei ist dann an zweiter“, sagt die 29-Jährige. Sie beobachte aber auch, dass Neugierde oder Technologiebegeisterung mehr bei FDP-Wählern vorkommen. Und da ist es dann doch: das Trennende.

Etwa in der Sozial-, Außen- und Menschenrechtspolitik werde es noch dicke Bretter mit der FDP zu bohren geben, sagt Max Lucks von den Grünen. Wie seine Parteikollegin Weishaupt ist der 24-Jährige zum ersten Mal im Bundestag. Was den Klimaschutz angeht, integrieren die jungen Grünen scheinbar gerne die Innovationsfreude der FDP – nur reicht ihnen das nicht: „Innovation ist ein extrem wichtiger Bestandteil einer ambitionierten Klimapolitik. Aber für Klimaschutz in sozialer Gerechtigkeit brauchen wir auch eine Politik, die gestaltet“, sagt Lucks.

Ähnlich skeptisch blicken die jungen Bundestagsabgeordneten der FDP in Richtung der Grünen. Es gebe neben Anhängern von „Fridays for Future“ auch junge Menschen im ländlichen Raum: „Für die ist es ein Freiheitsgefühl, sich das allererste Auto zu gönnen“, trifft Jens Teutrine, Vorsitzender der Jungen Liberalen und neu im Bundestag, zielsicher den wunden Punkt der grünen Konkurrenz. Und dann ist da noch etwas anderes, was die junge Generation umtreibt: das Geld. Teutrine, der selbst erst 27 ist, unterhält sich im Shisha-Kaffee mit seinen Freunden durchaus auch über Geldanlagen in Exchange Trade Funds (ETFs) – die Börse ist bei den jungen Menschen also angekommen.

ETFs sind für beide ein Thema

Ob der junge FDP-Abgeordnete Teutrine auch ab und zu mit Vertretern der Grünen Jugend eine Shisha raucht? „Ob die überhaupt über ETFs sprechen?“, fragt er zurück und verweist dann auf seinen Freundeskreis, in dem es auch grüne Wähler gibt. Generell halten sich die jungen Abgeordneten der Grünen und der FDP eher vage, was den Bedarf an gemeinsamen Gesprächen angeht: „Doch, ich habe Kontakte zur FDP und die sind auch gut“, sagt Grünen-Abgeordneter Max Lucks. Und Teutrine verweist etwa auf gemeinsame Fernsehauftritte, bei denen er auch mit den Vertretern der Grünen Jugend den einen oder anderen „Schnack“ halte.

Was beide Wählergruppen verbindet, so der Jugendforscher Klaus Hurrelmann, ist eine gute Bildung. Doch während junge Frauen vor allem die Grünen wählen, stimmten junge Männer eher für die FDP.

„Die jungen Menschen wählen eher themenbezogen“, sagt Jugendforscher Hurrelmann. Das zeige sich auch daran, dass sie gerne kleine Parteien wählen, die kaum eine Chance auf den Einzug in den Bundestag haben. Dabei ist auch wichtig, wie gut sich eine Partei in den sozialen Medien vermarktet – alte Vorurteile in der grün-liberalen Zukunft: Fehlanzeige. „Birkenstocks sind mittlerweile Gruppenübergreifend im Trend und fast alle, auch bei der Grünen Jugend, haben ein Smartphone und sind digital unterwegs“, sagt die FDP-Abgeordnete Ria Schröder.

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Erstellt:
02.10.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec
zuletzt aktualisiert: 02.10.2021, 06:00 Uhr

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