Die 500 Dollar-Wette auf den Weltuntergang

TAGBLATT-Redakteur Ulrich Janßen über schwarze Löcher in Wissenschaft und Poesie

Es ist jetzt zehn Jahre her, als der Tübinger Chaosforscher Otto Rössler die Welt mit der Behauptung verblüffte, in einem neuen Teilchenbeschleuniger in Genf, dem sogenannten LHC, werde ein Schwarzes Loch entstehen und binnen 50 Monaten die gesamte Welt aufsaugen.

24.09.2018

Von Ulrich Janßen

Chaosforscher Otto E. Rössler. Archivbild: Metz

Chaosforscher Otto E. Rössler. Archivbild: Metz

Man kann von Otto Rössler halten, was man will, aber er hat ein gutes Gespür für Dramatik und Poesie. Ein tiefschwarzes Un-Ding, eine menschliche Schöpfung, die man nicht sehen und begreifen kann, die unfassbar winzig aus dem Nichts kommt, und  die ganze Erde mitsamt ihren Bewohnern und Werken erst wie Spaghetti in die Länge zieht, dann frisst und zu Quantenschaum verarbeitet. Das war eine wirklich originelle Bereicherung des nicht gerade kleinen Bestandes an apokalyptischen Menschheitserzählungen.

Kein Wunder also, dass sich damals nicht nur die Medien dankbar auf die Geschichte stürzten. Auch seriöse und weniger seriöse Wissenschaftler rechneten eifrig nach, besorgte Politiker luden Rössler zu Gesprächen ein. Und im weit entfernten Kalifornien schlossen zwei Amerikaner eine Wette ab.

Der eine, ein Mann namens Joe Keane, wettete 500 Dollar darauf, dass der 26,7 Kilometer lange Hadronen-Speicherring binnen zehn Jahren tatsächlich die ganze Welt vernichten werde. Der andere, der Internet-Unternehmer Nick Damiano, setzte 500 Dollar dagegen.

Keane hatte von Anfang an die schlechtere Position, so viel war klar. Was soll man schon nach einem Weltuntergang mit 500 Dollar anfangen? Klugerweise versprach der Mann, das Geld im Fall des Sieges der National Rifle Association zukommen zu lassen, der amerikanischen Waffenlobby. Man kann sich vorstellen, wie sehr sich  die Waffenfreunde auf diese Spende freuten.

Sein Gegner dagegen setzte die Organisation „Save the Children“ als Profiteur ein. Und die konnte sich vor kurzem über einen Scheck in Höhe von 1000 Dollar (Wettgewinn plus Zinsen) freuen. Denn die Wette, die der Tübinger Professor Rössler vor zehn Jahren in Kalifornien ausgelöst hatte, wurde, wie die „Zeit“ neulich berichtete, tatsächlich eingelöst. Zugunsten von Damiano, denn die Welt ging bekanntlich nicht unter.

Den Chaosforscher beeindruckt das erwartungsgemäß nicht. Er hält seine Warnung aufrecht und hat sie sogar mit neuen wissenschaftlichen Theorien („c-global“ und „Cryodynamik“) angereichert. Den typischen Anfängerfehler vieler Apokalyptiker, ein Datum für den Weltuntergang anzugeben, macht er jetzt allerdings nicht mehr. Wann das Schwarze Loch die erforderliche Größe erreiche, könne man nicht sagen.  „Schätzungen“, erklärte er dem TAGBLATT, „sind unmöglich.“

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Erstellt:
24.09.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 03sec
zuletzt aktualisiert: 24.09.2018, 01:00 Uhr

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