Nato-Einsatz

Die Bundeswehr zieht aus der Schicksalsprovinz ab

Die deutschen Soldaten verlassen ihr Camp in Kundus. Die Ausbildung der Afghanen wollen sie per Telefon und Video fortsetzen. Mit den neuen US-Rückzugsplänen hat das nichts zu tun.

26.11.2020

Von ELLEN HASENKAMP

Die Bundeswehr zieht sich aus dem afghanischen Stützpunkt Kundus zurück. Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Bundeswehr zieht sich aus dem afghanischen Stützpunkt Kundus zurück. Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin. Die afghanische Provinz Kundus ist für die Bundeswehr so etwas wie eine Schicksalsregion. „Kundus, das ist für uns der Ort, an dem die Bundeswehr zum ersten Mal gekämpft hat, lernen musste zu kämpfen“, sagte der frühere Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Das war 2013 – als die Bundeswehr zum ersten Mal aus Kundus abzog. Jetzt verlassen die deutschen Soldaten das Camp sozusagen zum zweiten Mal.

Die rund hundert bislang dort stationierten Soldaten werden ins südwestlich gelegene Masar-i-Scharif verlegt. Mit den jüngst verkündeten Abzugsplänen der USA hat der Schritt allerdings nichts zu tun. Der Umzug wurde nach Angaben des deutschen Einsatzführungskommandos vielmehr bereits im Sommer von der Missionsführung entschieden. Ziel sei eine „stärkere Straffung des Einsatzes“. Demnach hat die Verlegung bereits vor rund zehn Tagen begonnen, war aber geheim gehalten worden, „um den größtmöglichen Schutz der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten gewährleisten zu können“. Vollständig aufgegeben wird der besonders gesicherte Bundeswehr-Stützpunkt im Camp der afghanischen Armee nicht. Auch weiterhin haben die deutschen Soldaten den Auftrag, der afghanischen Armee in Kundus beratend zur Seite zu stehen. Dies soll nun aber vor allem per Video und Telefon geschehen. Je nach Bedarf können die Deutschen aber auch zu ad-hoc-Einsätzen eingeflogen werden.

Die Bundeswehr ist seit 2002 in Afghanistan. Aus dem einstigen Kampfeinsatz ist längst ein Einsatz zur Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte geworden. Insgesamt sind derzeit rund 1250 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan stationiert. In Kundus lieferten sich deutsche Soldaten vor zehn Jahren erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder stundenlange Gefechte. Der Name der Provinz ist aber auch verbunden mit dem von einem deutschen Oberst veranlassten Angriff auf zwei Tanklaster im Jahr 2009, bei dem Dutzende Zivilisten getötet wurden.

2013 wurde das dortige deutsche Feldlager dichtgemacht. Erst im März 2018 kehrten deutsche Soldaten zur Beratung der afghanischen Armee nach Kundus zurück. Wie es mit dem Afghanistan-Einsatz insgesamt weitergeht, ist derzeit nicht ganz klar. US-Präsident Donald Trump hatte vergangene Woche eine Beschleunigung des Abzugs der US-Truppen angekündigt. Hintergrund ist ein Abkommen mit den Taliban, das den schrittweisen Rückzug aller US- und Nato-Streitkräfte bis Ende April 2021 in Aussicht stellt. Im Februar wollen die Nato-Verteidigungsminister beraten, ob die Bedingungen dafür erfüllt sind.

Ellen Hasenkamp (mit dpa)

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Erstellt:
26.11.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 11sec
zuletzt aktualisiert: 26.11.2020, 06:00 Uhr

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