Interview: Impfstoffe

Marco Buschmann (FDP): „Biontech darf nicht verlieren“

Die Liberalen laufen Sturm gegen eine Patent-Freigabe. Sie befürchten einen großen Wettbewerbsnachteil für den Westen.

08.05.2021

Von Igor Steinle

Pfizer-Biontechs Impfstoff Comirnaty: Wird er bald ohne Patent produziert? Die FDP ist dagegen. Foto: Christof Stache/afp

Pfizer-Biontechs Impfstoff Comirnaty: Wird er bald ohne Patent produziert? Die FDP ist dagegen. Foto: Christof Stache/afp

Berlin. Die FDP spricht sich gegen eine Patentfreigabe von Impfstoffen aus, wie sie US-Präsident Joe Biden vorschlägt. Sie würde den Westen im Wettbewerb mit Rivalen wie China oder Russland schwächen, argumentiert der Erste Parlamentarischer Geschäftsführer Marco Buschmann.

Die FDP ist gegen eine Patentfreigabe von Impfstoffen. Wieso?

Marco Buschmann: Es gibt bessere Wege, die Pandemie einzudämmen und ärmeren Ländern zu helfen. Patente sind nicht der entscheidende Faktor. Der Weg muss sein, so viel Impfstoff wie möglich zu produzieren und auszuliefern, auch zu spenden. Viele Vorprodukte für die Produktion von Impfstoff werden momentan aber von den USA mit Exportverboten zurückgehalten, weil man zuerst die eigene Bevölkerung impfen möchte. Das führt zu weltweiten Engpässen und hat den USA große Kritik eingebracht. Möglicherweise ist die Initiative Präsident Bidens deswegen ein Ablenkungsmanöver, damit man nicht so genau auf diese Handelshemmnisse schaut.

Würde eine Patentfreigabe die Forschung nicht weltweit beschleunigen?

Ohne die Leistung privater Unternehmen, die durch Patente geschützt wird, hätten wir erst später einen Impfstoff gehabt. Mehr Menschen wären erkrankt. Mehr Menschen wären gestorben. Wenn diese Unternehmen jetzt dafür bestraft werden, werden sie in der nächsten Pandemie solche Anstrengungen nicht mehr unternehmen. Die Patentfreigabe von heute sorgt für die Toten von morgen.

Marco Buschmann, Geschäftsführer der FDP-Fraktion. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Marco Buschmann, Geschäftsführer der FDP-Fraktion. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Aber Biontech hätte doch trotzdem noch viel Vorsprung.

Im Gegenteil. Biontech kommt eigentlich aus der Krebstherapie und hat aufgrund der Pandemie sein eigentliches Forschungsprojekt liegen lassen, um mit der von ihm entwickelten RNA-Technologie Covid-19 zu bekämpfen. Wenn dieses Verfahren jetzt jedermann zur Verfügung gestellt würde, wäre das Geschäftsmodell von Biontech am Ende. Biontech sind die großen Helden dieser Pandemie. Sie dürfen nicht zu den Verlierern werden.

Wer könnte zum Gewinner werden?

Wir befinden uns als liberale Demokratien in einem Systemwettbewerb mit autoritären Staaten wie China und Russland. Unser Vorteil ist unsere Innovationskraft; freie Unternehmer und Wissenschaftler produzieren wertvolles Know-how. Wenn wir aber ihre Patente freigeben, werden wir diese Innovationskraft verlieren. Natürlich würden andere Blöcke ohnehin bald über diese Technologien verfügen. Unser Vorteil war aber immer, dass wir in dieser Zeit schon die nächsten Schritte gegangen sind. Diesen Vorteil würden wir verlieren. Wer in der Wissensökonomie Know-how enteignen möchte, singt das alte Lied von der Vergesellschaftung von Produktionsmitteln.

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Erstellt:
08.05.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 08.05.2021, 06:00 Uhr

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