Landtagsdebatte

Ausnahmen für Familien und Kinder

Baden-Württemberg wird von den Bund-Länder-Beschlüssen teilweise abweichen. Die Opposition kritisiert vor allem die Politik von Kultusministerin Eisenmann in der Corona-Krise.

09.01.2021

Von JENS SCHMITZ

Ministerpräsident Winfried Kretschmann verteidigte am Freitag im Landtag Kultusministerin Susanne Eisenmann gegen herbe Kritik von Seiten der Opposition an ihrer Corona-Schulpolitik. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Ministerpräsident Winfried Kretschmann verteidigte am Freitag im Landtag Kultusministerin Susanne Eisenmann gegen herbe Kritik von Seiten der Opposition an ihrer Corona-Schulpolitik. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Stuttgart. Der Landtag trägt die Umsetzung der neuesten Corona-Maßnahmen mehrheitlich mit. Nach einer Regierungsinformation durch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) rang das Plenum am Freitag vor allem um Schulpolitik und Impfungen.

Das lag auch daran, dass die Regierung auf anderen Feldern umstrittene Vorhaben schon abgeräumt hatte. Wie berichtet, hat sich die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf eine Fortschreibung der bisherigen Regeln über den 10. Januar hinaus geeinigt; einige Maßnahmen sollen dabei auch verschärft werden.

Baden-Württemberg geht die Schritte mit, inklusive stärkerer Beschränkungen für private Zusammenkünfte. Allerdings werden Kinder bis 14 Jahre, die zum selben Haushalt gehören, dabei weiter nicht mitgezählt. Zudem soll sich eine Familie mit einer weiteren zu einer Betreuungsgemeinschaft zusammentun dürfen.

Für Hotspots mit einer Sieben-Tage-Inzidenz ab 200 hat die MPK vorgesehen, den Bewegungsradius der Menschen auf 15 Kilometer einzuschränken. Auch davon will man im Südwesten abweichen.

Ziel sei es, Ansammlungen – etwa in Ausflugsregionen – zu unterbinden, sagte Kretschmann. Dem sei aber etwa mit der Sperrung bestimmter Parkplätze eher gedient. CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart pflichtete für den Koalitionspartner bei: „Da hat die Regierung unsere volle Unterstützung.“

Herbe Kritik wurde Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) zuteil. Die Landesregierung will weiterführende Schulen bis Ende Januar geschlossen halten; lediglich Abschlussklassen können davon abweichen. Auch Kindertagesstätten und Grundschulen bleiben zunächst zu.

Kretschmann sagte, die Regierung wolle diese Einrichtungen gern am 18. Januar wieder öffnen. Für diese Entscheidung gebe es aber wegen der zurückliegenden Feiertage noch nicht genug belastbare Infektionsdaten. Sie soll am Donnerstag gefällt werden.

Eisenmann, die die CDU als Spitzenkandidatin in die Landtagswahl führt, hatte sich in der Weihnachtspause dafür ausgesprochen, nach dem 10. Januar Kindertagesstätten und Grundschulen „in jedem Fall“ wieder zu öffnen, und zwar „unabhängig von den Inzidenzzahlen“.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf ihr vor, Wahlkampf auf dem Rücken von Schülern, Lehrern und Eltern zu machen. Noch vernichtender urteilte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch: „Seit dem Auftreten der Pandemie im Frühjahr vergangenen Jahres haben wir nicht gesehen, dass die Ministerin ein einziges Problem gelöst hat“, sagte Eisenmanns Vorgänger im Amt. „Sie hat Probleme geschaffen.“

Kretschmann stellte sich vor seine Ministerin: Wer Kindergärten und Grundschulen schließe, müsse eine entsprechende Betreuung anbieten. Wenn dort große Kinderzahlen ohne Gruppenprinzip aufeinanderträfen, sei das epidemiologisch kontraproduktiv.

Der Ministerpräsident kündigte an, den Anspruch auf Kinderkrankengeld auf 20 Tage pro Kind und Elternteil zu verdoppeln, für Alleinerziehende auf 40 Tage. Dieser Anspruch solle auch dann gewährt werden, wenn die Kinder wegen der Beschränkungen zuhause betreut werden müssten und nicht krank seien.

Andere Impfstrategie

Ausführlicher diskutiert wurde auch der Start der Corona-Impfungen in Baden-Württemberg. Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) räumte ein, dass in anderen Bundesländern zum Teil mehr geimpft werde.

Dafür gebe es aber gute Gründe: Im Gegensatz zu anderen Ländern halte Baden-Württemberg die Dosen für die nötige zweite Impfung zurück und könne so garantieren, dass sie auch bei Lieferengpässen stattfinden werde. Der einwöchige Aufschub an den Impfzentren der Kreise habe mit einer ausgefallenen Lieferung ganz am Anfang zu tun.

Bernd Gögel (AfD) wandte sich als einziger Fraktionschef gegen die „Verordnungsgeisterfahrt“ als Ganzes. Er beklagte einerseits das Schneckentempo“ der Impfungen, andererseits mögliche Nebenwirkungen und warf der Regierung vor, „unser Grundgesetz außer Kraft“ zu setzen.

Die Oppositionsparteien SPD und FDP sahen keine gesetzlichen Grundlagen verletzt. „Vollkommen abwegig“, nannte Kretschmann Gögels Vorwurf. „Sie zündeln da mit dem friedlichen Zusammenleben in diesem Land.“ In Washington habe man gerade gesehen, wohin so etwas führe.

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Erstellt:
09.01.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 09.01.2021, 06:00 Uhr

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