Österreich

Alarmierende Situation

Die Regierung verkündet wegen hohen Infektionszahlen einen „harten Lockdown“, doch der Widerstand wächst.

16.11.2020

Von Adelheid Wölfl

Wien. Österreich hat gemessen an der Einwohnerzahl die höchste Rate an registrierten Neuinfektionen weltweit. Etwa 4000 Personen befinden sich derzeit in Krankenhäusern, 570 auf der Intensivstation. Deshalb hat die Regierung in Wien einen „harten Lockdown“ zunächst einmal für zweieinhalb Wochen verkündet, der jedoch ausgedehnt werden könnte. Die Situation in den Spitälern ist alarmierend, nicht lebensnotwendige Operationen wurden abgesagt. In Vorarlberg ist die Kapazitätsgrenze erreicht, die Intensivbetten belegt.

„Die zweite Welle ist gewaltiger und dynamischer als die erste Welle im Frühling“, erklärte der grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober. „Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es zu Situationen der Triage in den Spitälern kommen“, meinte Anschober. Bundeskanzler Sebastian Kurz appellierte an die Bürger: „Treffen Sie niemanden! Jeder soziale Kontakt ist einer zu viel.“ Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen sagte: „Uns ist bewusst, dass das eine Zumutung ist. Aber mit Ihrem Verhalten können Sie Leben retten!“

Ziel des Lockdowns sei es, so die Regierung, dass der Zulauf zu den Intensivstationen geringer werde als der Abgang. Der R-Wert, also die Anzahl der Menschen, die durch eine Person infiziert werden, liegt bei 1,2. Erst wenn er unter eins sinkt, werden die Maßnahmen gelockert.

Garagenpartys und volle Straßen

Manche Österreicher reagierten alles andere als verantwortungsbewusst und solidarisch, als der Lockdown angekündigt wurde, sondern stürmten noch massenhaft die Geschäfte, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen. In der Wiener Mariahilferstrasse bewegten sich am Samstag so viele einkaufende Passanten, dass sich das Virus problemlos ausbreiten konnte. Immer wieder musste die Polizei in den vergangenen Wochen sogenannte „Garagenpartys“ auflösen. Vor allem junge Menschen trafen sich in privaten Räumen zum Feiern. Die Einschränkungen, die bereits vor zwei Wochen eingeführt wurden, hatten in Österreich keine Wirkung gezeigt, weil die Menschen ihre Sozialkontakte nicht ausreichend einschränkten.

Wie bereits während des Lockdowns im Frühjahr dürfen sich die Österreicher nur aus vier Gründen nach draußen bewegen: Um zu arbeiten, um Hilfsbedürftige zu versorgen, um einzukaufen und um allein Sport zu treiben. Erlaubt ist es auch, zum Arzt zu gehen. Treffen soll man sich hingegen nur mehr mit „einzelnen wichtigen Bezugspersonen“ und mit jenen, mit denen man ohnehin zusammen lebt. Die Geschäfte müssen schließen, außer die für den täglichen Bedarf.

Die gesamte Gastronomie wird zugesperrt. Die Schulen wechseln auf Fernunterricht – allerdings gibt es ein Betreuungsangebot, falls die Eltern keine Zeit haben. Der Widerstand gegen den Lockdown, insbesondere gegen den Fernunterricht, ist groß. Die Oppositionsparteien sind geschlossen dagegen. Deshalb ist auch der Unwille in der Bevölkerung viel größer als noch im Frühjahr.

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Erstellt:
16.11.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 19sec
zuletzt aktualisiert: 16.11.2020, 06:00 Uhr

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