„Ich habe hin und her überlegt“

Heike Makatsch über ihre Rolle als Kommissarin im Freiburger Spezial-“Tatort“

Heike Makatsch spielt zum ersten Mal eine „Tatort“-Kommissarin - und hat Blut geleckt. Sie fände es gut, wenn die Figur der schwangeren, mannlosen Kommissarin Ellen Berlinger weitererzählt würde.

28.03.2016

Von CORNELIA WYSTRICHOWKSI

Heike Makatsch als Hauptkommissarin Ellen Berlinger im Freiburger „Tatort - Fünf Minuten Himmel“ Foto: Foto: dpa

Heike Makatsch als Hauptkommissarin Ellen Berlinger im Freiburger „Tatort - Fünf Minuten Himmel“ Foto: Foto: dpa

Frau Makatsch. Ist der Freiburger „Tatort“-Aufritt tatsächlich der erste in der Reihe?

HEIKE MAKATSCH: Ja, ich war noch keine Leiche, ich war noch kein Mörder und ich war auch noch keine Assistentin - ich bin direkt zur Kommissarin befördert worden (lacht).

Was haben Sie als erstes gedacht, als das Angebot kam?

MAKATSCH: Erstmal fand ich es aufregend und dachte: Das ist eine große Ehre. Aber dann habe ich mich auch gefragt: Will ich diese Aufmerksamkeit, will ich mich da hineinbegeben? Es ist ja eine ambivalente Sache, schließlich wird man als „Tatort“-Kommissar immer verglichen und gemessen, und deshalb habe ich hin und her überlegt.

Was hat letztlich den Ausschlag für Ihre Zusage gegeben?

MAKATSCH: Ich wollte zunächst mehr wissen. Ich habe mich mit den Verantwortlichen zusammengesetzt, und wir sind uns immer nähergekommen. Und irgendwann war mir klar, dass das ein besonderer „Tatort“ werden könnte. Ich finde es toll, dass diese Reihe immer mehr zur Spielwiese für Regisseure wird, die die Grenzen dessen erweitern, was Krimi in Deutschland bedeutet.

Stimmt es dass es eine Verzögerung gab, weil Sie zunächst mit dem Drehbuch nicht einverstanden waren?

MAKATSCH: Nein, so war das nicht. Die Idee zu diesem „Tatort“ war leider an die Presse gelangt, bevor die Sache überhaupt spruchreif war. Dann hat es sich ein bisschen gezogen, bis das Ganze Gestalt annahm, und das hat sich nach außen hin so vermittelt, als wäre ich zögerlich - aber ich war nicht zögerlich. Ich war grundsätzlich sehr interessiert, wollte aber ein Drehbuch oder zumindest eine Skizze lesen. Das ist ja auch normal, dass der Schauspieler erst mal wissen will, worauf er sich einlässt, bevor er zusagt.

Worauf kam es Ihnen beim Drehbuch an? Der erste Fall hat ja einen starken sozialen Hintergrund.

MAKATSCH: Das ist schon etwas, was mich interessiert - dass da ein sozialer Missstand zu einer desperaten Lage der Protagonisten führt, schließlich bis hin zum Mord. Es gibt natürlich auch lustigere „Tatorte“ oder welche, die die humorigere Seite hervorkehren. Aber ich glaube, das ist nix für mich. Ich hatte schon den Wunsch, dass es ein gewisses Drama beinhaltet.

Wird das schöne Freiburg in Ihrem Krimi aus diesem Grund gar nicht so schön gezeigt?

MAKATSCH: Auch eine schöne, beschauliche und sonnige Stadt wie Freiburg hat ihre Schattenseiten. Für eine gewisse Lebensqualität muss immer ein Preis bezahlt werden, und diesen Preis wollten wir mal genau beleuchten. Gerade bei einem Krimi geht es doch darum, hinter Fassaden zu gucken, das Augenscheinliche beiseite zu schieben und zu gucken, was da noch für Kräfte wirken. Man blickt hinter die Fassade einer vermeintlich heilen Welt und entdeckt Abgründe.

Hatten Sie am Rande der Dreharbeiten Gelegenheit, die schönen Seiten der Stadt und die Landschaft kennenzulernen?

MAKATSCH: Ein bisschen. Es war schon viel Arbeit, und an den Wochenenden bin ich immer nach Hause gedüst. Freiburg mit den schönen Seiten und der Natur habe ich deshalb leider nur am Rande mitbekommen. Natürlich bin ich abends auch mal ausgegangen und habe nette Leute kennengelernt, aber ich würde mich noch nicht als Expertin für die Stadt und die Region ansehen.

Zu den Wahrzeichen Freiburgs gehören die so genannten Bächle - Wasserläufe, die die ganze Altstadt durchziehen und gehörige Stolperfallen sind . . .

MAKATSCH: Ich bin aber in kein Bächle getreten, sonst wäre ich jetzt wohl schon mit einem Freiburger verheiratet - so will es nämlich die Sage (lacht).

Wie stehen die Chancen, dass es weitere Heike-Makatsch-“Tatorte“ gibt?

MAKATSCH: Eigentlich haben wir alle - die Produktion, die Redaktion und ich - große Lust, weiterzumachen. Wir finden, dass Kommissarin Ellen Berlinger eine interessante Figur geworden ist und neugierig macht, was es mit ihrem familiären Hintergrund auf sich hat. Wie soll es weitergehen mit dieser Kommissarin, die ein Kind erwartet und augenscheinlich keinen Mann hat, wie kann sie das vereinen mit ihrem Beruf? Das hätte Potential, weitererzählt zu werden.

Freiburg gilt als Öko-Stadt, und sinnigerweise wurde der „Tatort“ ressourcenschonend gedreht. Wie hat sich das auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

MAKATSCH: Wir Schauspieler haben es im Drehalltag vor allem an Kleinigkeiten gemerkt. Man hat keine Wegwerfbecher verwendet, sondern jeder hat seinen Becher beschriftet und immer wieder benutzt. Wir haben in erster Linie Gemüse aus der Region gekauft und Biofleisch gegessen, dadurch war das Catering wirklich sehr gut, und man hatte ein gutes Gefühl dabei. Und wir sind, wenn wir konnten, mit dem Fahrrad gefahren - es war also alles auf Nachhaltigkeit ausgelegt.

Können Sie sich eigentlich erinnern, wann Sie Ihren ersten „Tatort“ gesehen haben?

MAKATSCH: Ich kann gar nicht sagen, dass es ein Initialerlebnis gab, der „Tatort“ war einfach immer da. Dieser Vorspann hat mich immer schon begleitet, den kenne ich, seit ich denken kann. Die Reihe gab es ja schon, als ich auf die Welt kam.

Haben Sie als Vorbereitung auf Ihre Rolle alte Folgen gesehen?

MAKATSCH: Ich habe ehrlich gesagt wirklich viel „Tatort“ gesehen - und zwar während ich in Freiburg gedreht habe. Ich komme ja sonst nicht so zum Fernsehen, aber da hatte ich weg von der Familie abends plötzlich sehr viel Zeit, und da habe ich in den dritten Programmen alte „Tatort“-Folgen angeschaut. Das hat mir noch mal die Augen geöffnet, was das Format ist und was es bedeutet, da mitzuspielen.

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Erstellt:
28.03.2016, 08:30 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 46sec
zuletzt aktualisiert: 28.03.2016, 08:30 Uhr

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