Begabte übersehen

Tübinger Studie: Lehrer brauchen Kompetenzen

Tübinger Bildungsforscher widmeten sich in einer Studie besonders begabten Kindern. Das Ergebnis: Wenn die Schulklasse überdurchschnittlich gut ist, übersehen Lehrkräfte die sehr Begabten eher.

07.06.2016

Tübingen. In Klassen mit einem überdurchschnittlichen Intelligenzniveau sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind für ein Begabtenförderprogramm vorgeschlagen wird: Das war die Vermutung der Wissenschaftler/innen vom Tübinger Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung. Sie bestätigte sich jetzt durch die Untersuchung.

Zum Hintergrund: Baden-Württemberg hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Angebote zur Begabtenförderung eingerichtet – unter anderem die Hector-Kinderakademien an 60 Standorten, darunter auch Tübingen. Dort werden spezielle Kurse für begabte Grundschulkinder, die von ihren Lehrer(inne)n ausgewählt wurden, angeboten.

Um herauszufinden, wie die Auswahl geschieht, hatten die Bildungsforscher 105 Lehrkräfte befragt. Dabei ging es um ihre Überzeugungen und Erfahrungen zu Begabung und Intelligenz. Um die Ergebnisse zwischen nominierten und nicht nominierten Kindern vergleichen zu können, machten gut 1400 Drittklässler/innen aus den Klassen der befragten Lehrkräfte einen Intelligenztest.

„Unsere Studie zeigt, dass das Urteil einer Lehrkraft über ein einzelnes Kind häufig durch die Eigenschaften der ganzen Klasse mit beeinflusst wird“, so Sandra Rothenbusch, Erstautorin der Studie, in einer Pressemitteilung der Universität. Wie stark ein Lehrer oder eine Lehrerin vom Klassendurchschnitt beeinflusst werde, hänge auch mit ihren Überzeugungen zusammen. Wer überzeugt davon sei, dass ein hochbegabtes Kind in allen Fächern überdurchschnittlich gut sein müsse, orientiere sich stärker am Intelligenzniveau der Klasse als diejenigen, die auch dann von Hochbegabung sprächen, wenn ein Kind nur in bestimmten Bereichen wie Mathematik oder Musik besonders hervorsteche.

Das Ergebnis der neuen Studie passt zu früheren. In denen wiesen die Forscher nach, „dass auch die Übertrittsentscheidungen nach der Grundschule davon abhängen, wie leistungsstark die Klassenkameraden sind“, so Ulrich Trautwein, der Direktor des Hector-Instituts. Der neue Befund unterstreiche, „wie wichtig es ist, dass Lehrkräfte noch systematischer diagnostische Kompetenzen erwerben und darin unterstützt werden, die Begabung ihrer Schüler zu erkennen“. ST

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Erstellt:
07.06.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 54sec
zuletzt aktualisiert: 07.06.2016, 01:00 Uhr

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