Die Fremdsprache in der Tasche

Simon Bacher wollte Thai lernen und fand keine passende App - nun hat er selbst eine entwickelt

Pom Rak Pratet Thai. Das ist Thailändisch und heißt so viel wie: Ich liebe Thailand. Noch vor einigen Jahren hätte der Tübinger Simon Bacher keine Chance gehabt, diesen Satz zu verstehen. Das ist heute anders.

14.02.2017

Von Lorenzo Zimmer

In der thailändischen Großstadt Chiang Mai leben viele sogenannte digitale Nomaden: App-Entwickler, Start-up-Gründer und Auftragsprogrammierer arbeiten in Straßencafés und überall da, wo sie Strom und ein gutes WLAN-Signal haben. Hier entwickelte auch der Tübinger Simon Bacher zusammen mit seiner Frau Kanyarat Nuchangpuek die Apps, mit der ihre Nutzer 34 verschiedene fremde Sprachen lernen können.Privatbilder

In der thailändischen Großstadt Chiang Mai leben viele sogenannte digitale Nomaden: App-Entwickler, Start-up-Gründer und Auftragsprogrammierer arbeiten in Straßencafés und überall da, wo sie Strom und ein gutes WLAN-Signal haben. Hier entwickelte auch der Tübinger Simon Bacher zusammen mit seiner Frau Kanyarat Nuchangpuek die Apps, mit der ihre Nutzer 34 verschiedene fremde Sprachen lernen können.Privatbilder

Seine heutige Frau Kanyarat Nuchangpuek ist gebürtige Thailänderin, die beiden lernten sich 2008 beim Bachelor-Studium der Wirtschaftsinformatik in Münster kennen. Und wurden ein Paar. Als klar wurde, dass es eine Beziehung fürs Leben sein wird und eine Hochzeit näher rückte, entschied Nuchangpuek, ihrem zukünftigen Mann ihre Muttersprache beizubringen.

„Sie ist immer wieder an mir verzweifelt und irgendwann haben wir nach einer App gesucht, mit der ich lernen kann.“ Denn Bacher interessiert sich schon während seiner Schulzeit für Computer, in der sechsten Klasse programmierte er bereits eigenständig textbasierte Abenteuerspiele, später komplexere Mathe- und Rechenprogramme.

„Auf unserer Suche nach einer guten und übersichtlichen Sprach-App haben wir nur unbrauchbaren Mist gefunden“, erinnert sich Bacher an das Jahr 2013. Zu diesem Zeitpunkt arbeiten er und seine Freundin als IT-Berater in Frankfurt, den Master haben sie da bereits in der Tasche.

Gemeinsam begannen sie neben dem Beruf, eine eigene App zu entwickeln: „Es fing an wie ein Hobby.“ Bacher programmierte das sogenannte Backend, also die technischen Abläufe und Algorithmen im Hintergrund und die App, die der Nutzer auf seinem Smartphone sieht – das sogenannte Interface. Nuchangpuek kümmerte sich um den Content, also die sprachlichen Inhalte, Übersetzungen, das Grammatik-Training sowie Vertrieb und Marketing der App.

Gemeinsam entwickelten sie abends nach vielen Stunden als Angestellte in einem Büro ihre eigene Idee weiter, nahmen zusätzliche Sprachen ins Angebot auf: „Die zweite Sprache lag nahe – es war Deutsch“, sagt Bacher. Hatte bei Thailändisch noch seine Frau die Hörproben eingesprochen, musste bei der zweiten App Bacher selbst ans Mikro. Als dritte und vierte Sprache folgten Spanisch und Chinesisch – ehemalige Kommilitonen aus dem Studium und Freunde der beiden halfen ihnen bei Inhalten und den Hörproben.

„Irgendwann fiel uns auf, dass Nutzer zunehmend bereit waren, einige Euros für unsere Apps zu bezahlen“, erinnert sich Bacher. Das war der Knackpunkt: „Dann haben wir uns gedacht: ,Wenn nicht jetzt, wann dann?‘, und haben unsere Jobs gekündigt.“ Als Basis für ihre weitere selbstständige Arbeit wählten sie dann schließlich Chiang Mai in Thailand. Die Großstadt beherbergt viele sogenannte digitale Nomaden – Auftragsprogrammierer und Unternehmensgründer im digitalen Sektor. „Es gibt hier eine große Community Gleichgesinnter, die ihr Geld online verdienen“, sagt Bacher. „Ich fühle mich sehr wohl.“

Inzwischen bietet seine Firma Simya Solutions Apps für 34 verschiedene Sprachen an. An „Simply Learn Thai“ und den anderen digitalen Sprachlehrern verdienen Bacher und Nuchangpuek so viel, dass sie in Thailand gut leben können: „Das Auskommen ist im Vergleich zu Deutschland sehr günstig.“ Für 1 bis 2 Euro holen sich die beiden ein gemeinsames Abendessen, wenn sie von ihrer Arbeit in Cafés oder Bibliotheken nach Hause kommen: „Den Reis kochen wir dann selbst zu Hause“, sagt er. Weil Nuchanpuek sich mit den Gepflogenheiten im Land gut auskennt, fiel es auch Bacher leicht, in der Gesellschaft anzukommen: „Morgens fahre ich mit dem Roller zum Stadion und gehe schwimmen. Danach gehe ich irgendwo programmieren.“

Die Nutzer der Apps, die auf Apple- und Android-Geräten laufen, kommen aus 50 Ländern, hauptsächlich den USA, Deutschland und Südkorea. Am Besten verkaufen sich die Apps für Thai, Japanisch und Tagalog (eine Sprache, die auf den Philippinen gesprochen wird).

4000 Downloads am Tag lassen Bacher positiv in die Zukunft blicken: „Unser Ziel ist es ganz klar, Marktführer auf dem Sprach-App-Sektor zu werden.“ Dabei geht es vor allem um die Anzahl der angebotenen Sprachen: „Dieses Jahr sollen noch mindestens 20 weitere hinzukommen.“ Außerdem soll der Inhalt interaktiver werden: „Wir wollen das Lernen spielerischer gestalten“, sagt Bacher. Derzeit arbeitet er an sprachlichen Quiz-Spielen, Lückentexten und einem Sprachroboter. Letzterer ist eine echte technische Herausforderung. Bacher: „Langweilig wird uns jedenfalls sicher nicht.“

So sehen die Apps aus, die Bacher und Nuchangpuek enwickeln.

So sehen die Apps aus, die Bacher und Nuchangpuek enwickeln.

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Erstellt:
14.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec
zuletzt aktualisiert: 14.02.2017, 01:00 Uhr

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