Tübingen
Prozess um Missbrauch in der Therapie kommt vors Landgericht
Das Verfahren um Missbrauchsvorwürfe gegen einen Arzt der Tübinger Psychiatrie wird erneut verhandelt: Nebenklage und Verteidigung wollen das Urteil nicht akzeptieren.
Das Verfahren gegen einen Arzt der Tübinger Psychiatrie wegen sexuellen Missbrauchs einer Patientin während eines Behandlungsverhältnisses wird am Tübinger Landgericht erneut verhandelt werden: Sowohl die Nebenklägerin wie auch der Angeklagte haben Berufung gegen die Verurteilung des Tübinger Schöffengerichts eingelegt. Es hatte gegen den 61-jährigen Psychiater in Ausbildung zweieinhalb Jahre Haft verhängt – also eine Strafe, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Der Rechtsanwalt des mutmaßlichen Opfers Christian Laue begründete die Berufung damit, dass der Mediziner nicht auch wegen Vergewaltigung verurteilt wurde. Laue geht nach wie vor davon aus, dass der erste sexuelle Kontakt zwischen den beiden gegen den erkennbaren Willen der Frau geschah. Da die Staatsanwaltschaft diesen Anklagevorwurf nach der Hauptverhandlung nicht als zweifelsfrei erwiesen ansah, hatte sie deswegen keine Verurteilung beantragt.
Der Angeklagte und seine Verteidigerin sind ebenfalls in Berufung gegangen. Der Mann hatte im Prozess die Vergewaltigung bestritten. Er gab außerdem an, zwar ein Liebesverhältnis mit der heute 35-Jährigen gehabt zu haben, leugnete aber, dass sie bei ihm in Therapie gewesen sei. Damit wäre die Beziehung laut Gesetz nicht strafbar. Deshalb hatte seine Verteidigerin einen Freispruch beantragt. Den will sie nun im Berufungsverfahren vor dem Tübinger Landgericht erstreiten. Die Tübinger Staatsanwaltschaft verzichtete auf Rechtsmittel. Die Richter waren ihrem Strafantrag gefolgt.
Wann der neue Prozess beginnt, steht noch nicht fest – vermutlich frühestens in einigen Monaten.