Leichtathletik

Protest gegen Umbaupläne

Wird aus dem Berliner Olympiastadion eine reine Fußballarena für Hertha BSC? Die Visionen aus dem Senat bringen Sportler und Funktionäre auf die Palme.

24.05.2017

Von SID/EB

Auch am kommenden Samstag ganz im Zeichen des Fußballs: Im Berliner Olympiastadion wird dann das DFB-Pokal-Finale zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt ausgetragen. Foto: dpa

Auch am kommenden Samstag ganz im Zeichen des Fußballs: Im Berliner Olympiastadion wird dann das DFB-Pokal-Finale zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt ausgetragen. Foto: dpa

Berlin. Entsetzt, verärgert – aber vor allem auch kämpferisch: Die deutsche Leichtathletik wehrt sich gegen einen möglichen Umbau des Berliner Olympiastadions und will „König Fußball“ die Stirn bieten. Für die Leichtathleten steht viel auf dem Spiel: Der Erhalt ihres geliebten „Wohnzimmers“. Mit einem Umbau des Olympiastadions in eine reine Fußball-Arena „beerdigt Berlin für immer nicht nur seine Olympiapläne, sondern verabschiedet sich aus der ersten Liga der internationalen Sportmetropolen“, so Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). „Das Olympiastadion, das eine Sportstätte von nationaler und internationaler Bedeutung ist, wird vom Olympiastadion zum Stadion von Hertha BSC herabgestuft.“

Fragen des Denkmalschutzes

Auch bei deutschen Leichtathletik-Stars stießen die Pläne auf Kritik. „In das Berliner Olympiastadion sollte meiner Meinung nach nie eingegriffen werden“, sagte der zweimalige Kugelstoß-Weltmeister David Storl: „Berlin sollte sich neben dem Flughafen nicht noch eine zweite Großbaustelle aufhalsen.“ Hürdensprint-Europameisterin Cindy Roleder meinte: „Für mich ist Leichtathletik keine Randsportart, aber durch diese Umbauten und das Verdrängen aus den Stadien, wie auch in Leipzig, macht man sie zu einer.“

Zuvor hatte sich in der Debatte um eine neue Spielstätte für Hertha BSC eine überraschende Wende angedeutet. Der Verein, der für den Sport zuständige Senator Andreas Geisel und der Regierende Bürgermeister Michael Müller verfolgen nun offenbar verstärkt den Umbau des Stadions zu einer Fußballarena. „Als Leichtathletik-Präsident bin ich verärgert, als Berliner entsetzt“, sagte Gerhard Janetzky, Chef der Berliner Leichtathleten und ehemaliger Direktor des Traditionssportfestes ISTAF: „Berlin setzt seinen Weg in die sportliche Monokultur fort und setzt mit allem Risiko auf die Hertha-Karte.“ Der Fußball-Bundesligist hatte Ende März angekündigt, ab 2025 in einer eigenen Arena spielen zu wollen – als mögliche Standorte galten bisher der Berliner Olympia-Park und der Brandenburg-Park in Ludwigsfelde als Favoriten. Wann endgültig über einen Neu- oder Umbau des Olympiastadions entschieden wird, ist derzeit noch offen. Zunächst müssen offene Fragen des Denkmalschutzes und der Finanzierung geklärt werden.

Mitte 2018 werden im Olympiastadion außerdem die Leichtathletik-Europameisterschaften ausgetragen. Die Planspiele, die zum Verlust der berühmten blauen Laufbahn führen würden, auf der Usain Bolt seine Weltrekorde über 100 und 200 m bei der WM 2009 rannte, machen Prokop sauer: „Damit werden nicht nur Millionen von Steuergeldern, die für die Renovierung des Stadions vor nicht einmal 15 Jahren verwandt wurden, verschleudert, sondern es werden weitere Millionen aufgewendet, nur um die Atmosphäre während eines Fußballspiels zu verbessern“, sagte der Jurist, der nicht in die Berliner Gespräche eingebunden war. Usain Bolt reagierte gestern: „Berlin hat eins der besten Stadien der Welt. Es wäre eine Schande, die Laufbahn verschwinden zu lassen.“

Bürgermeister Müller hat bereits angekündigt, dass ein Umbau nicht automatisch das Ende der Leichtathletik bedeuten muss: „Es ist nicht zwingend, dass sie nicht mehr stattfinden kann. Man kann die Bahn dauerhaft überbauen oder flexibel rückbaubar, das loten wir aus.“ Für die Idee zeigt sich Prokop offen. Ein Ausweichen in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark kommt für ihn aber nicht infrage. sid/eb

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Erstellt:
24.05.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 33sec
zuletzt aktualisiert: 24.05.2017, 06:00 Uhr

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