Petition
Ohne Anleitung gibt es keinen Fortschritt
Die Proteste gegen die drohende Umstrukturierung des Zeicheninstituts. der Tübinger Universität halten an.
Manchmal lohnt es sich, in ausgelegte Gästebücher hineinzuschauen. Die Kommentare verraten viel über den Ort, an dem man sich befindet, und darüber, wie er wahrgenommen wird. Sie bieten alles, von der tiefsinnigen, sympathisierenden Betrachtung bis zur bloßen Krakelei („Ich war hier“).
Vermutlich hat das Tübinger Zeicheninstitut nie ein Gästebuch besessen. Wer an den Kursen teilnahm, trug frohgemut seine Skizzen vom Dachjuchee der Neuen Aula heim, ohne sich Gedanken zu machen, ob diese Einrichtung für alle Zeiten Bestand haben würde.
Jetzt, da die Uni das Zeicheninstitut zu Tode (oder zum Siechtum) umstrukturieren möchte, übernehmen die Protestnoten die Rolle jener Einträge aus den herkömmlichen Gästebüchern. Die Petition auf „change.org“ (wir berichteten) hat inzwischen die Fünfhunderter-Marge überschritten. Und zwei Kommentare sollen hier stellvertretend zitiert werden.
Die eine stammt von einer Nachfahrin des Künstlers Otto Dix. Jana Dix stellt dem Beitrag einen Satz ihres Ururgroßvaters voran: „Der Maler ist das Auge der Welt“. Um dann weiter zu schreiben: „Dem Zeicheninstitut seinen Kopf zu nehmen und damit auch seine Augen, wäre ein großer Verlust für uns Tübinger Studenten. Das Zeicheninstitut ist nicht einfach nur ein Ort, an dem ETCS-Punkte gesammelt werden, sondern die Gelegenheit seine Kreativität auszuleben, sie mit anderen zu teilen und einen neuen Blickwinkel auf Dinge zu bekommen. Ich wünsche mir, als Ururenkelin von Otto Dix und als Tübinger Studentin, dass das Zeicheninstitut bestehen bleibt, und zwar mit einem würdigen Leiter, der Frido Hohbergers wunderbare Arbeit fortsetzen kann, so dass wir und die kommenden Generationen auch weiterhin in den Kunstkursen unseren ganz persönlichen Weltblick auf Papier verewigen können.“
Den anderen Kommentar steuert die Londoner Künstlerin Sukhi Barber bei, deren Werk die Galerie Gottschick in Tübingen bekannt machte. Sie beschränkt sich auf den einen klugen Satz: „Ich unterschreibe, weil es ohne Anleitung keinen Fortschritt gibt.“wit