American Football: Spaß an der Drecksarbeit

Nils Bilinskis Weg von den Red Knights zu den Stuttgart Scorpions

Mit 15 kam der Wendelsheimer Nils Bilinski eher zufällig zum American Football bei den Red Knights – inzwischen hat sich der 26-Jährige bei den Stuttgart Scorpions in der höchsten deutschen Spielklasse etabliert.

28.05.2016

Von Hansjörg Lösel

Nils Bilinskis Vorbild als Footballer ist Ray Lewis. Der frühere Jugendspieler der Red Knights präsentiert hier als Kapitän der Stuttgart Scorpions einen Helm als Trophäe für den Sieg bei einem Vorbereitungsturnier in Innsbruck. Privatbilc

Nils Bilinskis Vorbild als Footballer ist Ray Lewis. Der frühere Jugendspieler der Red Knights präsentiert hier als Kapitän der Stuttgart Scorpions einen Helm als Trophäe für den Sieg bei einem Vorbereitungsturnier in Innsbruck. Privatbilc

Pliezhausen. Im Treppenhaus der Wohnung in Pliezhausen hängen die Trikots. Das rote von den Stuttgart Scorpions, mit der Nummer 59, in dem Nils Bilinski sein neuntes Jahr in der German Football League spielt. Das Deutschland-Trikot, in dem er 2010 gegen Japan erstmals für die A-Nationalmannschaft antrat. Und noch ein Trikot mit dem Bundesadler: 2008 holte Nils Bilinski mit der Jugend-Nationalmannschaft den Europameister-Titel, in Sevilla gelang der Final-Sieg gegen Schweden. „Mein größter Erfolg“, sagt der 26-Jährige auf dem Balkon. Und erinnert sich erstmal zurück an die Zeit, als alles begann. Sein erstes Football-Trikot war das Jersey der Rottenburg Red Knights. Die spielten und trainierten damals in seinem Heimatort Wendelsheim, der 15-Jährige schaute mit einem Kumpel mal vorbei. Kai Schelling, Volker Braun und Uwe Sailer waren seine ersten Trainer. „Ich habe mich vom ersten Training an sofort in den Sport verliebt“, sagt Bilinski, „und ich bin nie wieder davon losgekommen.“

Über das Nachwuchsteam der Red Knights schaffte er den Sprung in die Landes-Auswahl, dort kam Bilinski erstmals in Kontakt zu Spielern der Stuttgart Scorpions. 2007 wechselte er auf die Waldau, stand gleich im ersten Jahr mit dem Jugend-Team im Finale um die deutsche Meisterschaft. „Der Wechsel nach Stuttgart hat mein Leben in allen Bereichen extrem positiv verändert“, sagt Bilinski, dort habe er Disziplin, Trainingsfleiß, Ehrgeiz entwickelt – und auch seine heutige Verlobte kennen gelernt.

Zurück zum Football – was ist das Besondere an dieser ur-amerikanischen Sportart, die in Deutschland immer noch in einer Nische steckt? Der Teamgeist fasziniert Bilinski. „Ich habe auch Tischtennis und Fußball gespielt, aber nirgends so einen Zusammenhalt erlebt“, sagt der 1,95 Meter-Mann, der 140 Kilo auf die Waage bringt. Eine imposante Statur, aber im Football nicht weiter auffällig; oft bekommt es Bilinski mit gewichtigeren Gegenspielern zu tun. Dann kann es schon mal ordentlich rumpeln, aber das mache auch den Reiz aus: „Kein Sport für Weicheier“, sagt Bilinski, von größeren Verletzungen blieb er aber immer verschont. „Mein Vorteil ist, dass ich relativ flink auf den Beinen bin.“

Die Vielseitigkeit sei ein weiterer Vorzug des American Football, sagt Bilinski: „Egal, ob klein, groß, dick, dünn, für jeden ist eine Position dabei.“ Auf seiner Position geht es darum, sich ganz in den Dienst der Mannschaft zu stellen, den eigenen Quarterback oder den Ballträger zu schützen – man könnte es auch die Drecksarbeit nennen. „Mit dem Ball habe ich eigentlich nichts zu tun“, sagt Bilinski. Um dem Spielmacher die nötige Zeit für den perfekten Pass zu geben, muss er sich den bis zu 200 Kilo schweren Gegnern in den Weg stellen – und das von der Öffentlichkeit oft fast unbemerkt. Medien und Fans feiern hinterher meist den Quarterback. „Aber die wissen schon, was sie an uns haben“, sagt Bilinski. Gerade der derzeitige Stuttgarter Quarterback Shane Carden habe überhaupt keine Allüren, obwohl er schon für die Chicago Bears spielte.

Noch eine Herausforderung für den Mannschaftsgeist: Importspieler werden bezahlt, die deutschen Footballer aber sind Amateure. Doch bei den Scorpions stimme trotzdem der Zusammenhalt: „Wir spielen, weil das Spiel uns fasziniert“, sagt Bilinski. Sein Geld verdient er als Beamter im Landratsamt Tübingen. Die Drecksarbeit macht er dann wieder im Trikot der Scorpions.

Heute spielen die Scorpions in München

Den Saison-Auftakt in der German Football League (GFL) hatten sich die Stuttgart Scorpions anders vorgestellt: Zwar feierte das Team um Nils Bilinski am ersten Spieltag einen 48:6-Heimsieg gegen die Rhein-Neckar Bandits aus Mannheim, anschließend kassierten die Stuttgarter aber knappe Niederlagen bei den Allgäu Comets in Kempten und gegen Frankfurt (43:49). Um das Saisonziel Playoff-Qualifikation nicht aus den Augen zu verlieren, sollte schleunigst wieder ein Sieg her. Am besten beim heutigen Gastspiel in München: „Da haben wir auch Chancen“, sagt Bilinski, „wir haben dieses Jahr eine richtig gute Mannschaft.“ Am 4. Juni folgt ein weiteres Auswärtsspiel bei den Saarland Hurricanes, das nächste Heimspiel auf der Waldau ist am Samstag, 11. Juni gegen die Allgäu Comets

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Erstellt:
28.05.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 05sec
zuletzt aktualisiert: 28.05.2016, 01:00 Uhr

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