Gastronomie

Kaffeekränzle im „KaffeeKränzle“

Seit September gibt es in der Neckarhalde das „KaffeeKränzle“. Petra Kühne und Margrit Götz betreiben den Laden vor allem, weil es ihnen Spaß macht.

31.03.2017

Von Julius Fiedler

Vorne leuchten Orangen, an der hinteren Wand stehen bunte Gedecke. Dazwischen die Cafébetreiberinnen Margrit Götz (links) und Petra Kühne. Bild: Metz

Vorne leuchten Orangen, an der hinteren Wand stehen bunte Gedecke. Dazwischen die Cafébetreiberinnen Margrit Götz (links) und Petra Kühne. Bild: Metz

Bunt ist es im „KaffeeKränzle“, das fällt beim Blick in den Laden in der Neckarhalde gleich auf. Orangen liegen auf dem Verkaufstisch, die Wände sind in Rottönen gestrichen, Tischpflanzen holen das Grün von draußen in den Raum. An einer rosa gestrichenen Wand stehen feine Porzellangedecke auf rustikalen Holzbalken.

Mit den Gedecken können Kunden an ihrem Geburtstag ihre Gäste überraschen: Wenn das Geburtstagskind zum Frühstück ins „KaffeeKränzle“ einlädt, kann es sich eines der Service aussuchen und an einem passend dekorierten Tisch mit seinen Gästen speisen.

Die Idee dazu hatten Petra Kühne und Margrit Götz, beide 54 Jahre alt und Betreiberinnen des „KaffeeKränzle“. „Wir haben selbst Freude an den Porzellan-Sachen, und nebenbei können wir den Kunden damit etwas Besonderes bieten“, sagt Margrit Götz. Die kleine Aktion steht sinnbildlich für das Konzept des ganzen Ladens: Was Götz und Kühne Freude macht, probieren sie aus. Da sind dann eben auch Aktionen dabei, die Caféhaus-Ketten oder größere Betriebe nicht bieten können.

Kühne ist die Inhaberin des Ladens, Götz unterstützt und berät sie. Für die Einrichtung waren die beiden auf Inspirationstour in Berlin. „Das ist eine Stadt, die lebt“, sagt Kühne. Es gebe dort viele kleine Cafés und jedes habe andere Dinge gehabt, die ihnen gefielen. „Im Café hier haben wir dann alles kombiniert.“ Unter den Papierlampen sollen sich die Leute wie unter Wolken fühlen, eine alte Bizerba-Waage gehört seit jeher zum Inventar der Ladenräume, die Kunden nutzen sie jetzt als Obstwaage.

Das „KaffeeKränzle“ ist nämlich nicht nur Café, sondern verkauft auch Backwaren und Lebensmittel: Obst von einer Gärtnerei aus der Stadt, Schokolade aus Gundelsheim und Tübinger Mühlensenf. Freitags können die Gäste ein warmes Mittagessen zu sich nehmen, immer ein einfaches Gericht wahlweise mit oder ohne Fleisch.

An den Wänden hängen Bilder von Künstlern aus der Stadt oder aus dem Quartier, die hier ausstellen können. Speziell für die Bewohner aus dem Stadtviertel, in dem das Café steht, soll es ein Anlaufpunkt sein. Per Post erfragten Götz und Kühne die Wünsche der Bewohner.

Tatsächlich sind rund 70 Prozent der Kunden aus dem Quartier, schätzt Kühne. Aber das Café hat sich herumgesprochen, besonders zu den Spitzenzeiten am Wochenende musste sie schon Gäste wegen Überfüllung wegschicken.

Das Konzept scheint den Nerv der Stadtbevölkerung zu treffen: Gemütlichkeit, Vertrautheit und Retro-Stil. Wenn jemand mal sein Bargeld vergessen hat, kann er anschreiben lassen und beim nächsten Mal bezahlen. Wenn Kinder zum Einkaufen kommen, bekommen sie eine Süßigkeit. „Wie früher“, sagt Kühne. Auch bei den Bestellungen, die die Kunden am Tresen aufgeben, damit sie nicht auf die Bedienung warten müssen, geht es noch analog zu. „Wir brauchen keine modernen Bestellsysteme, wir machen das mit Papier und Kopf“, sagt Götz.

Am wichtigsten: Guter Kaffee

Das Wichtigste aber ist freilich der Kaffee. Eine Rösterei aus Jena beliefert das „KaffeeKränzle“ mit einer Hausmischung, die Kaffeemaschine war die größte Investition in den Laden. „Wir haben festgestellt, dass es in vielen Cafés einfach keinen guten Kaffee mehr gibt. Das müssen wir aber bieten“, sagt Kühne. Vor allem damit das klappt, was sie sich schon mit ihrem Namen wünschen: Dass Leute zum Kaffeetrinken kommen und sich austauschen – Kaffeekränzle im „KaffeeKränzle“ eben. Tatsächlich hat sich freitags schon eine kleiner Stammtisch etabliert – obwohl das Café erst seit September offen ist. Andererseits sind die Räume des Cafés im Viertel als „Lädle“ wohlbekannt. Ursprünglich beherbergten sie einen Milchladen, zwischendurch andere Geschäfte, zuletzt eine kleine Bäckereifiliale. Ende 2015 schloss diese; das war der Beginn der Caféhaus-Pläne von Götz und Kühne.

Und warum gerade jetzt? „Es hat vielleicht etwas mit dem Alter zu tun. Es ändert sich viel und man möchte dann einfach was Schönes für sich und die Leute machen“, sagt Kühne. Zu 80 Prozent ist das Café ihr Job, nebenbei ist sie als systemischer Coach in der Persönlichkeitsberatung tätig. Allein muss sie das Café allerdings nicht betreuen, Götz unterstützt sie neben ihrer Haupttätigkeit als Architektin. Auch andere Freundinnen und Schülerinnen vor allem aus dem Quartier helfen aus.

Kühne und Götz wünschen sich, dass Quartier-Cafés auch an anderen Ecken der Stadt entstehen. Das Potenzial sei da: „Leute kommen auf uns zu und sagen: Ist ja toll, was ihr macht. Ein Café wollte ich auch schon immer mal haben“, erzählt Kühne. „Das scheint ein versteckter Wunsch in vielen zu sein.“ Sie konnte ihn sich erfüllen.

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Erstellt:
31.03.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 18sec
zuletzt aktualisiert: 31.03.2017, 01:00 Uhr

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