Sucht nach Rendite

Kabarettist Claus von Wagner im Museum beklatscht

03.05.2016

Von ber

Klaus Neumann alias Claus von Wagner ist den Finanzhaien auf der Spur.Bild: Reder

Klaus Neumann alias Claus von Wagner ist den Finanzhaien auf der Spur. Bild: Reder

Tübingen. Bekannte Gesichter locken ein großes Publikum – so auch im Falle Claus von Wagners, der einer breiten Öffentlichkeit als Insasse der ZDF–Kabarettsendung „Die Anstalt“ bekannt ist. Mit seinem Soloprogramm „Theorie der feinen Menschen“ sorgte er am Freitagabend im Tübinger Museum für ein ausverkauftes Haus.

Der Plot des rund eineinhalbstündigen Bühnenstücks scheint zunächst nicht mehr ganz aktuell: Mit der Perversion und dem Zynismus einer aus den Fugen geratenen Finanzwirtschaft befasst sich das bereits 2012 uraufgeführte Programm. Schnell wird jedoch klar, dass sich die Thematik nach wie vor als Basis für einen Kabarettabend anbietet. Im Stück sitzt der Protagonist Klaus Neumann gefangen in einer Filiale der Deutschen Bank. Kurz vor Schalterschluss noch schnell hinunter in den Tresorraum des Geldhauses – und schon hatte ihm die Zeitschaltuhr jeden Rückweg versperrt. 13 Stunden muss er nun ausharren, bis ihn die Sicherheitsmechanismen des Finanztempels wieder frei lassen werden. Für Neumann kommt die Freiheitsberaubung zum ungünstigsten Zeitpunkt, soll er doch für den morgigen Tag eine Rede zu Ehren seines verstorbenen Vaters, dem Inhaber einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, vorbereiten. Trotz der widrigen Umstände macht er sich an die Arbeit und stößt bei seiner Recherche auf die krummen Geschäfte seines Vaters und dessen Kompagnons.

Die Reise des Protagonisten durch die dunkle Vergangenheit des Familienmitglieds ist auch eine Reise durch hochspekulative Arbeitsweisen in der Finanzwelt. Derivathandel, Rating-Agenturen, Rohstoff-Fonds – das alles ist Thema im Stück. Dabei bleibt von Wagners Humor stets bissig, beispielsweise wenn er den Süßwarenhersteller Ferrero, der unter dem Verdacht steht, Kinderarbeit zu fördern, in Schutz nimmt: „Wir müssen mal aufhören, diesem gewachsenen Unternehmen ans Bein zu pinkeln – die schreiben doch drauf ‚Kinderschokolade‘!“ Dem Möbelhersteller IKEA, dessen Möbel in den 80er Jahren unter anderem von politischen Gefangenen in der ehemaligen DDR hergestellt wurden, billigt er anerkennend zu, immerhin „unter kontrollierten Bedingungen“ produziert zu haben.

Dem Publikum bleibt von Wagner dabei auf Distanz. Narration und Konzeption erinnern eher an eine Theateraufführung als an eine Kabarettnummer, was zu großen Teilen an der eingeflochtenen Handlung im Safe des Kreditinstituts liegt – und an der Dramaturgie des Stücks. Dennoch gelingt dem Autor mit „Theorie der feinen Menschen“ ein feinfühliger und humoristisch tiefgehender Kabarettbeitrag, der schließlich auch mit sattem Applaus ausgiebig gewürdigt wurde.Benedikt Reder

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Erstellt:
03.05.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 11sec
zuletzt aktualisiert: 03.05.2016, 01:00 Uhr

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