Erster Schnee und eine Ausbildung

Junge Spanier sind im Rahmen des Projekts „Azubi olé“ seit einem halben Jahr in der Region

Gleich mehrere Vertreter der Handwerkskammer Reutlingen besuchten jetzt den Elektroniker-Lehrling Aarón Pérez Rodriguez an seinem Arbeitsplatz. Der 26-Jährige ist im Rahmen eines Projekts in Deutschland, das junge Arbeitslose aus Spanien und Bulgarien einen Ausbildungsplatz und hiesigen Betrieben gesuchte Arbeitskräfte verschafft.

26.03.2016

Von Tristan Reiling

Der Auszubildende Aarón Pérez Rodríguez arbeitet bei der Firma Elektro Haußmann in Pfrondorf. Hier prüft er gerade die Funktionsfähigkeit einer Kaffeemaschine. Bild: Metz

Der Auszubildende Aarón Pérez Rodríguez arbeitet bei der Firma Elektro Haußmann in Pfrondorf. Hier prüft er gerade die Funktionsfähigkeit einer Kaffeemaschine. Bild: Metz

Pfrondorf. Es ist kurz nach 16 Uhr am Mittwochnachmittag im Werkraum der Firma Elektro Haußmann, Aarón Pérez Rodríguez hat Feierabend. Heute bleibt er allerdings noch etwas länger, denn er hat Besuch. Neben seinem Vorgesetzten, Michael Haußmann, stehen Harald Herrmann, Joachim Eisert sowie Monika Kromer von der Handwerkskammer Reutlingen. Aarón ist einer von insgesamt 20 jungen Erwachsenen aus Spanien, die im vergangenen September eine Ausbildung in verschiedenen Handwerksbetrieben der Region begonnen haben. Sie sind Teil des Projekts „Azubi olé“ der Handwerkskammer, das im Januar 2015 gestartet war (wir berichteten).

Der Bedarf an Nachwuchskräften im handwerklichen Bereich ist nach wie vor gegeben. „Der Andrang für Ausbildungen in diesem Bereich ist nicht allzu groß. Für uns sind solche Projekte eine gute Möglichkeit motivierte Lehrlinge einzustellen“, betont Michael Haußmann. Mit Aarón Pérez Rodríguez sei er vollauf zufrieden. Er sei pünktlich, motiviert und habe bereits technische Erfahrung durch eine Ausbildung im Telekommunikationsbereich mitgebracht. Auch Aarón Pérez Rodríguez ist glücklich im Betrieb. Die Zusammenarbeit im Team verlaufe problemlos.

Der junge Spanier wohnt mittlerweile in Dettenhausen, wo ihm ein Arbeitskollege eine Ein-Zimmer-Wohnung vermittelt hat. In den ersten Monaten ist er bei den Schwiegereltern von Haußmann untergekommen. Aarón Pérez Rodríguez hat bis zum Beginn auf Teneriffa gelebt, wo auch seine Familie und seine Freunde wohnen. Über Weihnachten war er drei Wochen zu Besuch bei ihnen. In seiner Heimat ist die Jugendarbeitslosigkeit sehr hoch. „Wir hatten 250 Bewerber“, sagte Kromer.

„Hier ist schon vieles anders“, sagt Aarón Pérez Rodríguez. „Die Dächer sind alle spitz, es gibt viele Brücken und Flüsse und keine Bar oder Einkaufsmöglichkeit vor der Haustür.“ Aufregend war auch der erste Schneefall, denn Schnee hatte er noch nie zuvor in der Hand gehabt. „Das war schon etwas Besonderes“, erinnert Haußmann sich an die Reaktion seines Auszubildenden.

Um eventuelle Anpassungsschwierigkeiten an das neue Lebensumfeld bewältigen zu können, hatte die Handwerkskammer sogenannte „Kümmerer“ engagiert – Personen, die den spanischen Azubis zur Seite stehen sollen. Auch Aarón Pérez Rodríguez profitiert davon, sie halfen ihm beim Einrichten eines Bankkontos, bei Arztbesuchen und fuhren ihn nach einem Unfall ins nächste Krankenhaus. Zum Ausgehen oder Feiern komme er kaum, da der Zeitaufwand an der Berufsschule, dem Sprach- und Stützkurs recht hoch sei.

Eine Herausforderung sei auch sein Gehalt – mit rund 800 Euro im Monat komme er nur knapp über die Runden. Einige der Azubis haben die Ausbildung mittlerweile abgebrochen: Von den 20 spanischen Lehrlingen sind noch 13 in den Betrieben. Die Ausbildung dauert noch bis Ende 2018 an, danach will er weiterhin in Deutschland leben und arbeiten. Als sich seine Besucher wieder verabschieden, möchte er sich ausdrücklich bei seinem Vorgesetzten Michael und seinem Arbeitskollegen Angelo bedanken. „Sie haben mir alle sehr viel geholfen.“

Das Projekt „Azubi olé“ der Handwerkskammer

Das Ausbildungsprojekt „Azubi olé“ der Handwerkskammer Reutlingen startete im Januar 2015. Das Projekt wird über das Förderprogramm „MobiPro-EU“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gefördert. Insgesamt 21 junge Menschen aus Spanien und aus Bulgarien begannen im vergangenen September eine Ausbildung in vier verschiedenen Handwerksberufen. Derzeit befinden sich noch 13 Spanier und ein Bulgare in der Ausbildung. Die Azubis besuchen Sprachkurse und Workshops an den Bildungsakademien der Handwerkskammer. Die Förderung des Projekts endet mit dem Abschluss der Ausbildung.

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Erstellt:
26.03.2016, 15:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 42sec
zuletzt aktualisiert: 26.03.2016, 15:00 Uhr

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