Bald in guter Nachbarschaft

Hausärztlicher Bereitschaftsdienst erhält zentrale Praxis am Uniklinikum

Wer abends oder am Wochenende einen Hausarzt braucht, musste bisher rausfinden, welcher niedergelassene Mediziner Notdienst hat. Ab dem 1. April ist der Bereitschaftsdienst zentralisiert in zwei Untersuchungszimmern der Medizinischen Klinik am Uniklinikum untergebracht.

31.03.2016

Von Lorenzo Zimmer

Die Leiterin der zukünftigen Notfallpraxis am Uniklinikum Lisa Federle und Johannes Fechner von der Kassenärztlichen Vereinigung versorgen Probepatient Michael Bamberg in einem der beiden neuen Untersuchungszimmer des allgemeinärztlichen Bereitschaftsdienstes.Bild: Sommer

Die Leiterin der zukünftigen Notfallpraxis am Uniklinikum Lisa Federle und Johannes Fechner von der Kassenärztlichen Vereinigung versorgen Probepatient Michael Bamberg in einem der beiden neuen Untersuchungszimmer des allgemeinärztlichen Bereitschaftsdienstes.Bild: Sommer

Tübingen. Grund für die Zentralisierung ist die landesweite Reform des ärztlichen Bereitschaftsdienstes. In Tübingen hatten sich viele niedergelassene Ärzte lange dagegen ausgesprochen – auch Landrat Joachim Walter und die Bürgermeister mehrerer Kreisgemeinden waren gegen eine Zentralisierung. Sie fürchteten längere Fahrwege, vor allem für Patienten aus dem ländlichen Raum.

„Patientenbefragungen haben ergeben, dass die längeren Wege gar nicht so stören“, sagte Johannes Fechner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KV) bei der Vorstellung der Räume. Die KV mietet in Zukunft die zwei Behandlungszimmer für eine „sozialverträgliche Miete von der Klinik“, so Fechner, und stellt sie den Allgemeinärzten für den Bereitschaftsdienst zur Verfügung.

Die Vorteile dieser zentralisierten Unterbringung liegen für den medizinischen Direktor der Klinik Prof. Michael Bamberg auf der Hand: „Wir haben mit der Notfallpraxis der Hals-Nasen-Ohren-Klinik sehr gute Erfahrungen gemacht.“ So sei eine enge Zusammenarbeit zwischen ärztlichem Bereitschaftsdienst und den Kollegen von der Notaufnahme durch die Nachbarschaft möglich: „Sie ist 30 Meter entfernt und wenn sich der Zustand des Patienten verschlechtert kann man ihn schneller der Diagnostik zuführen.“ Dann könne man gemeinsam mit den Klinikern entscheiden, welche Behandlung nötig ist oder ob eine stationäre Aufnahme des Patienten erfolgen soll.

Die künftigen Räume des Notfalldienstes sind voll ausgestattete Behandlungszimmer, verfügen jeweils auch über ein Ultraschallgerät. Besonders wichtig ist aus Sicht von Notärztin Lisa Federle auch die Nähe zum Labor: „Wenn ich schnell ein großes Blutbild brauche, bin ich in der Klinik natürlich schneller dran.“ Bei einem Hausbesuch oder in einer Praxis auf dem Land könne das schon deutlich schwieriger werden. Federle wird die Praxis in Zukunft leiten, übernimmt damit vor allem organisatorische Aufgaben: „Da geht es um die Koordinierung des Dienstplans und engen Kontakt zu Klinik und der KV“, so Fechner.

Er freute sich auch über die Symbolkraft der Zentralisierung in Tübingen: „Es ist der Schlussstein einer langen Entwicklung“, sagte er. Denn Tübingen ist der letzte Landkreis im Land, in dem die Versorgung durch Allgemeinärzte abends und an Wochenenden noch nicht gebündelt ist: „Ab dem 1. April erreicht jeder in Baden-Württemberg eine Notfallpraxis innerhalb von 30 Minuten“, so Fechner.

Doch aus seiner Sicht profitieren nicht nur die Patienten von der Zentralisierung: „Es ist eine Triple-Win-Situation.“ So würden auch die Ärzte durch das neue System spürbar entlastet: „Die Dienstfrequenz für die niedergelassenen Ärzte geht durch die Vergrößerung der Gebiete und die Bündelung an einem Standort deutlich runter.“ Dies sei besonders wichtig, weil die Ärzte auch nach einem Dienstwochenende am Montag wieder in ihrer Praxis stehen.

„Und der dritte Profiteur ist die Klinik“, sagte Fechner. Denn in ihre Notfallambulanz kommen auch Patienten, die keine akuten Notfälle sind. Sie sollen in Zukunft vom Bereitschaftsdienst abgefangen werden: „Für uns wird das eine klare Entlastung sein, die bei gehäuften Notfällen sehr hilfreich und wertvoll sein wird“, so Bamberg. Ob die Klinik dadurch einen Arzt einsparen kann, konnte er noch nicht sagen: „Erstmal bleiben wir bei der Besetzung so wie sie ist.“

Weitere Infos zum Bereitschaftsdienst

Die Notfallpraxis der niedergelassenen Ärzte ist auf der Haupteingangsebene der Medizinischen Klinik, Otfried-Müller-Straße 10, Gebäudenummer 500. Patienten, die außerhalb der Sprechstundenzeiten eines Hausarztes Hilfe benötigen, können ohne Anmeldung in die Praxis am Klinikum kommen. Die Notfallpraxis hat montags bis donnerstags von 19 bis 22 Uhr, freitags von 16 bis 22 Uhr und an den Wochenenden von 8 bis 22 Uhr geöffnet. Zusätzlich zum „Sitzdienst“ in der Bereitschaftspraxis sind zwei Ärzte für den Fahrdienst eingeteilt und nehmen bei Notfällen Hausbesuche vor, wenn die Patienten nicht mobil sind. Der Bereitschaftsdienst ist während den Öffnungszeiten der Praxis unter der kostenfreien Rufnummer 116117 erreichbar.

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Erstellt:
31.03.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 31.03.2016, 01:00 Uhr

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