Tägliche Briefzustellung

Häufig kommt der Bote erst spät

Einmal am Werktag muss die Post liefern, aber der Tag hat 24 Stunden. Wer am Ende der Zustelltour wohnt und Zeitungen per Post bezieht, braucht Geduld.

07.07.2017

Von Gert Fleischer

Briefträger. Archivbild: Metz

Briefträger. Archivbild: Metz

Es gibt keine Vorgabe für die Deutsche Post, bis wann am Tag sie Briefe, Zeitungen oder Zeitschriften beim Adressaten anliefern muss. Das ist die für viele Postkunden unbefriedigende Auskunft von Pressesprecher Hugo Gimber in Stuttgart. Das heißt im Extremfall: Wenn die Sendungen kurz vor Mitternacht in den Briefkasten geworfen werden, ist der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) Genüge getan. Zustellzeiten zwischen 15 und 17 Uhr sind keine Seltenheit mehr, selbst mitten in Tübingen.

Klaus Krebs wohnt in Eratskirch zwischen Rottenburg und Seebronn. Er schreibt, früher habe er seine Post und auch das wegen seiner Außenlage per Post zugestellte TAGBLATT zwischen 9 und 11 Uhr bekommen. Jetzt kriege er Briefe und Zeitung selten vor 14 Uhr. Immer häufiger erhalte er am Montag und Samstag gar nichts.

Wenn Briefe und auch die Zeitung an einem Werktag gar nicht zugestellt werden, verstößt die Post gegen die PUDLV. Denn in Paragraf 2 Absatz 5 dieser von der Bundesregierung formulierten Verordnung heißt es: „Die Zustellung hat mindestens einmal werktäglich zu erfolgen.“ Paragraf 4 behandelt speziell Zeitungen und Zeitschriften und hat nur einem Satz: „Zeitungen und Zeitschriften sind im Rahmen des betrieblich Zumutbaren bedarfsgerecht zu befördern.“

Das „betrieblich Zumutbare“ klingt nach breitem Interpretationsspielraum. Hugo Gimber, von der Pressestelle Süd der Deutsche Post DHL Group erläutert, was gemeint ist: Dass Briefe und Zeitungen an einem Werktag zugestellt werden müssen, stehe außer Diskussion. Nicht zumutbar sei es der Post jedoch, extra ein Auto loszuschicken, nur um eine Zeitung morgens früh einem etwas entlegen wohnenden Abonnenten zu bringen. Der muss warten, bis auch die Briefpost zugestellt wird.

Eine späteste Zustellzeit ist in der PUDLV nicht genannt. Es heißt lediglich, dass (im Jahresdurchschnitt) mindestens 80 Prozent aller inländischen Briefsendungen, die an einem Werktag eingeliefert werden, am nächstfolgenden Werktag ausgeliefert sein müssen, 95 Prozent spätestens bis zum zweiten folgenden Werktag. Laut Gimber erreiche die Post eine Quote von 94 Prozent bereits am ersten Folge-Werktag.

Der Pressesprecher beschreibt, wie Briefe heutzutage verteilt werden. Hätten die Briefträger früher ihre auszuliefernde Post noch eigenhändig „gesteckt“, also nach ihrer Tour angeordnet, machen das heute Gangfolgesortiermaschinen im Briefzentrum automatisch. Das klingt nach Rationalisierung und danach, dass Briefe früher in den privaten Kästen stecken könnten. Das erste stimmt, das zweite nicht.

Grund sind kürzere Arbeitszeiten und Kosten sparende Arbeitsabläufe. Im Zustellstützpunkt Rottenburg beginnen die Postboten zwischen 7 und 7.30 Uhr mit ihrer Arbeit, sagt Gimber. Sie bereiten ihre Tour vor und machen sich zwischen 9 und 10 Uhr auf den Weg in die Bezirke. Bei täglicher Arbeitszeit von 7 Stunden und 42 Minuten plus der vorgeschriebenen Pause sei es „nicht ungewöhnlich, wenn Kunden, die am Ende einer Zustelltour bedient werden, ihre Post erst zwischen 15 und 16 Uhr erhalten“.

Bei großen Sendungsmengen könne es noch später werden. Das gelte zudem für Krankheitsfälle. Zwar habe die Deutsche Post Abrufkräfte, „aber wir haben keine Ersatzbank wie eine Fußballmannschaft“, schränkt Gimber ein. Bei einer Grippewelle müssen die gesunden Kolleg(inn)en die Touren der kranken mit übernehmen.

Unzufrieden sind Kunden, wenn sie ihre Post plötzlich dauerhaft später bekommen. Denen stehen freilich andere gegenüber, die ihre Briefe oder Zeitungen auf einmal regelmäßig früher bekommen. Die einen beschweren sich, die anderen „freuen sich still und leise“, sagt Gimber. Grund für den Wechsel sind Neuzuschnitte der Zustellbezirke. Damit soll die Arbeit optimal organisiert werden. Einmal im Jahr wird das gemacht, Tübingen und Rottenburg waren dieses Jahr noch nicht dran. Beim Neuzuschneiden verändern sich meistens auch die Zustelltouren. In der Folge können Kunden ihre Post nun deutlich früher oder deutlich später bekommen.

Insgesamt seien Briefe heute schneller unterwegs als früher, sagt Gimber. Deshalb: Wenn jemand seine Post erst um 16 Uhr bekomme, könne er sich grämen oder sich bewusst machen, dass sie ihm nicht erst am darauffolgenden Tag gebracht wurde.

Letzte Rettung Sonntagsleerung fast abgeschafft

Bevor Briefe zugestellt werden, müssen sie erst mal verschickt werden. Da tun sich manche Absender schwer, wenn’s Abend wird oder Wochenende. Das Aufkommen von

Fax- und Mailverkehr führte zum Abbau vieler Briefkästen und zur Rücknahme der Sonntagsleerung. „Briefkästen mit Sonntagsleerung haben für den Großteil unserer Kunden keine Bedeutung mehr“, sagt Post-Pressesprecher Hugo Gimber. Konnte man vor 40 Jahren in Tübingen noch kurz vor Mitternacht am Nachtschalter der Hauptpost einen Brief abgeben, der dann am Montag

zugestellt wurde, ist dort heute die letzte Sonntagsleerung um 10.30 Uhr. Die Rottenburger müssen ihre Briefe schon um 9 Uhr an der Post eingesteckt haben, den Mössingern bleibt nur, nach Tübingen, Rottenburg oder Hechingen zu fahren.

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Erstellt:
07.07.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 28sec
zuletzt aktualisiert: 07.07.2017, 01:00 Uhr

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