Wie Land und Universitäten die neue Exzellenzstrategie bewerten

Geldregen für Spitzenforschung

Bund und Länder haben eine neue „Exzellenzstrategie“ beschlossen. Die Landesregierung ist „sehr zufrieden“. Die Elite-Uni Konstanz übt Kritik.

18.06.2016

Von ANDREAS CLASEN

Die Exzellenzuniversität Konstanz ist nicht ganz zufrieden mit der neuen „Exzellenzstrategie“. Foto: Uni Konstanz

Die Exzellenzuniversität Konstanz ist nicht ganz zufrieden mit der neuen „Exzellenzstrategie“. Foto: Uni Konstanz

Stuttgart/Berlin. Baden-Württemberg hatte schon im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin seine Zustimmung zu den Plänen für die neue „Exzellenzstrategie“ signalisiert. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer mussten aber am Donnerstag bis kurz vor Anpfiff der Fußball-EM-Partie Deutschland gegen Polen um 21?Uhr warten, bis das Nachfolgeprogramm der Exzellenzinitiative in trockenen Tüchern war. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte nämlich mit seinem Veto gedroht. Mit dem am Ende gefundenen Kompromiss zeigten sich die beiden Grünen-Politiker aus dem Land gestern „sehr zufrieden“.

Wie geplant, kann das Förderprogramm nun mit der Ausschreibung im Sommer beginnen und 2019 in den Start der neuen Elite-Unis münden. Fortan soll die Spitzenforschung an deutschen Universitäten dauerhaft mit 533 Millionen Euro jährlich unterstützt werden.

Das Geld fließt in zwei Förderlinien: In der ersten werden sieben Jahre lang bis zu 50 Forschungsfelder – „Exzellenzcluster“ – an Universitäten oder Universitätsverbünden mit insgesamt 385 Millionen Euro jährlich unterstützt. Der Bund übernimmt dreiviertel der Kosten, das jeweilige Sitzland einer geförderten Universität 25?Prozent. Zusätzlich können geförderte Universitäten eine Pauschale von bis zu einer Million Euro pro Cluster in ihre strategische Ausrichtung investieren.

In der zweiten Förderlinie werden elf Elite-Hochschulen mit insgesamt 148 Millionen Euro pro Jahr gestärkt. Um sich hierfür bewerben zu können, muss eine Hochschule mindestens zwei und ein Verbund drei „Exzellenzcluster“ vorweisen. Nach sieben Jahren werden die Leistungen der Elite-Universitäten geprüft, und in der anschließenden siebenjährigen Förderperiode sollen auf jeden Fall vier Hochschulen neu zum Zuge kommen. Damit sei die von Hamburg geforderte „Dynamik“ im System gewährleistet, sagte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Für den Stadtstaat war entscheidend gewesen, dass Universitäten realistische Chancen haben, irgendwann den Elite-Status zu erreichen, wenn sie sich entsprechend anstrengen.

Für Baden-Württemberg ist die „Exzellenzstrategie“ von großer Wichtigkeit. Wie kein anderes Bundesland hat es von der bisherigen Exzellenzinitiative profitiert. Acht von neun Universitäten bekamen dadurch Millionen Euro. Mit den Universitäten Heidelberg, Konstanz und Tübingen befinden sich gleich drei der bundesweit zurzeit elf Exzellenzuniversitäten im Südwesten. Aus Sicht Winfried Kretschmanns und Theresia Bauers ist das Land auch für das Nachfolgeprogramm bestens gewappnet: „Auch die mittelgroßen Universitäten des Landes können unter den nun geltenden Bedingungen ihre Stärken sichtbar machen. Die Chancen für unsere Universitäten sind hervorragend.“

Die Exzellenzuniversität Konstanz aber übt Kritik. „Was wir nach wie vor nicht akzeptieren können, sind die zwei Cluster als Voraussetzung für den Wettbewerb um den ,Exzellenzstatus?. Größe ist kein Leistungskriterium“, sagt eine Universitätssprecherin. „Und natürlich sind größere Einrichtungen mit mehr Professuren im Cluster-Wettbewerb im Vorteil gegenüber kleineren.“ Ansonsten sei die Entscheidung okay – auch der Kompromiss in Bezug auf die Anzahl der Exzellenzuniversitäten. Das Cluster-Kriterium stand tatsächlich schon im ursprünglichen Entwurf für das Nachfolgeprogramm, bei der Anzahl waren vor dem Berliner Kompromiss „8 bis 11“ Elite-Unis vorgesehen.

Professor Stephan Dabbert, Rektor der im Vergleich zu Konstanz kleineren Universität Hohenheim, gibt sich gelassen. Als einzige Südwest-Uni hat sie bisher gar nicht von den Exzellenz-Millionen profitiert. Dabbert sagt: „Erfolge in der Exzellenzinitiative sind zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Gradmesser für wissenschaftliche Qualität.“ Rankings belegten zu genüge, dass Hohenheim in bestimmten Bereichen zur Weltspitze zählt. „Für die Universität Hohenheim gilt deshalb die Strategie, auch auf andere Fördermöglichkeiten zu setzen“, sagt er. Nur ein kleiner Teil des Geldes, das in die Wissenschaft fließe, werde über das Exzellenzprogramm verteilt.

Entsprechend begrüßt Dabbert die Programme „Innovative Hochschule“ und „Tenure-Track-Professuren“, die ebenfalls am Donnerstag beschlossen wurden. Mittels letzterem sollen 1000 Nachwuchswissenschaftlern verlässliche Wege zu einer dauerhaften Professur verschafft werden. Eine Milliarde Euro gibt es dafür von 2017 bis 2032. Das Innovationsprogramm soll speziell kleinere Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften von 2018 bis 2027 mit 550 Millionen Euro fördern.

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Erstellt:
18.06.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 58sec
zuletzt aktualisiert: 18.06.2016, 06:00 Uhr

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