Wo der Spargel wächst

Forscher sollen helfen, Betrüger aufzuspüren

Spargelzeit: Verlockend liegen die gebündelten Stangen an den Marktständen. Spargel-Liebhaber wollen das Gemüse möglichst frisch gestochen, ohne dass es von langen Reisewegen abgeschlafft ist. Viele greifen deshalb zum „Spargel aus Deutschland“. Oder ist es vielleicht doch umetikettierter Spargel aus Griechenland oder Spanien?

06.05.2016

Forscher sollen helfen, Betrüger aufzuspüren

Ob die heimische Ware sich im Geschmack tatsächlich vom Import unterscheidet, darüber kann man unterschiedlicher Ansicht sein. Preislich gibt es aber auf jeden Fall deutliche Differenzen: Der hiesige Spargel kostet, vor allem zu Saisonbeginn, locker mal das Doppelte oder Dreifache.

Kein Wunder, dass sich hiesige Spargelproduzenten, die den Mindestlohn schlucken müssen, aufregen, wenn betrügerische Händler eine falsche Banderole um die Stangen binden und billig gekauften Griechenland-Import zum doppelten Preis anbieten. Auch das Bundeswirtschaftsministerium hat ein Interesse daran, Fälschern auf die Spur zu kommen. Es hat deshalb Wissenschaftler aus Tübingen und Hamburg damit beauftragt, ein Prüfverfahren zu entwickelt, mit dem sich Spargel einer Herkunftsregion zuordnen lässt.

Und das funktioniert so: Im Auftrag des Hamburger Instituts für Lebensmittelchemie sind derzeit zahlreiche Mitarbeiter unterwegs und kaufen Spargel aus den unterschiedlichsten Anbaugebieten ein. Daraus werden Proben hergestellt. Der Spargel wird gefroren und gemahlen, das so entstandene Pulver anschließend durch ein Massenspektrometer gejagt. Nach einer Stunde ist das Ergebnis da: In Tausenden von Zahlen wird dokumentiert, was so eine Spargelstange alles enthält, erklärt der Tübinger Bioinformatiker Prof. Oliver Kohlbacher.

Zu 90 Prozent ist das übrigens Wasser. Darüber hinaus enthalten die Stangen Zucker und kleine Moleküle aller Art – so ein Spargel wächst ja, nimmt Nährstoffe auf, verstoffwechselt sie. Abhängig vom Boden und den klimatischen Bedingungen entstehen dabei unterschiedlichste Moleküle. Das schöne für die Spargelkontrolleure: Je nach Anbaugebiet ergibt sich ein typisches Profil der Inhaltsstoffe, wie ein Fingerabdruck.

Hier kommen die Tübinger ins Spiel. Von Hand zu überprüfen, ob die Zahlenkolonnen aus dem Massenspektrometer mit schlesischem Spargel oder griechischen Stangen übereinstimmen könnten – das wäre schlichtweg unmöglich. Die Tübinger Bioinformatiker erarbeiten deshalb statistische Methoden, um die Zahlen zu interpretieren. So wird mit Algorithmen eine Software geschaffen, mit der die Inhaltsstoffe einer Spargelprobe analysiert und einem Anbaugebiet zugeordnet werden können.

Zielgruppe für diese Software sind Verbraucherschutzorganisationen und Behörden zur Lebensmittelüberwachung – sicher nicht der private Spargelliebhaber. Denn für den Test braucht man nach wie vor ein Massenspektrometer. Und das hat nicht jeder in seiner Küche neben der Mikrowelle stehen.

Über den Geschmack sagt das Testverfahren allerdings nichts aus. Ob der polnische oder der deutsche Spargel besser schmeckt, will Kohlbacher deshalb auch nicht als Wissenschaftler beurteilen. Das überlasse er auch keinem Laborgerät, sonder verkoste den Spargel lieber selbst zu Hause. Angelika Bachmann

Bild: Jörg Jäger / Uni Tübingen

Oliver Kohlbacher

Oliver Kohlbacher

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Erstellt:
06.05.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 15sec
zuletzt aktualisiert: 06.05.2016, 01:00 Uhr

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