Gericht macht kurzen Prozess

Drei Jahre Haft für Serieneinbrecher

Drei Jahre muss der 48-Jährige ins Gefängnis, der 2012 unter anderem im Kreis Reutlingen immer wieder in Schützenhäuser, Vereinsheime und Betriebe eingebrochen ist.

15.07.2016

Von Matthias Reichert

Kreis Reutlingen / Tübingen. Der Grund für das vergleichsweise milde Urteil des Tübinger Landgerichts: Der Mann muss zudem noch eine hohe Haftstrafe aus Österreich absitzen, ebenfalls wegen einer Einbruchsserie. 2014 wurde er, wie berichtet, vom Landesgericht Feldkirch zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt – offenbar, um ihn als ausländischen Straftäter nachhaltig für die Zukunft abzuschrecken.

Im März wurde der 48-Jährige aus Österreich nach Deutschland überstellt, wo er nun die Haft absitzt. „Er wird bis 2020 allein das österreichische Urteil verbüßen“, begründete Verteidigerin Sabine Höfner, weshalb sie eine geringere Strafe forderte als der Staatsanwalt. Höfner verlangte „allenfalls noch einen symbolischen Aufschlag“ auf das Urteil aus Feldkirch. Staatsanwalt Matthias Altfelder hatte zuvor insgesamt vier Jahre Gefängnis beantragt. Für den Angeklagten spreche sein weitgehendes Geständnis und seine offene Art der Einlassung, so Altfelder. Gegen ihn spreche hingegen die erhebliche Zahl an Vorstrafen sowie die Professionalität, mit der die Taten begangen wurden.

Richter Ulrich Polachowski sagte in seiner Urteilsbegründung, beide Seiten hätten irgendwie Recht gehabt: „Wenn es das österreichische Urteil nicht gäbe, hätten wir die vom Staatsanwalt beantragte Strafe ausgeworfen.“ Wäre der Mann zuvor von einem deutschen Gericht verurteilt worden, hätte das Landgericht jetzt das Paket nochmals aufschnüren und eine Gesamtstrafe bilden können. Das sei hier nicht möglich. „Wir können als deutsches Gericht ein österreichisches Urteil nicht mehr aufschnüren.“ Deshalb reduzierte die Erste Große Strafkammer die vom Staatsanwalt beantragte Strafe um ein Jahr, gleichsam als Härteausgleich. Denn: „Was wir jetzt obendraufpacken, das wiegt doppelt und dreifach“, so Polachowski.

Zehn der Taten hat der Niedersachse auch in Rheinland-Pfalz verübt. Einmal fand die dortige Polizei seine DNA-Spuren auf einer Flasche, aus der er am Tatort getrunken hatte. Zudem stimmten laut ermittelndem Kripo-Beamten Abdrücke seiner Schuhe sowie die Tatweise in der Einbruchsserie überein. Der Täter ging stets nach dem gleichen Muster vor: Er drehte die Schließzylinder an den Außentüren ab und flexte im Inneren Tresore auf – immer wieder neben deren Schlössern.

Er erbeutete in der Regel Bargeld und Lebensmittel. In zwei Schützenhäusern hat er auch Waffen mitgenommen. Deshalb wurde der 48-Jährige nun gestern in zwei Fällen wegen Diebstahls mit Waffen verurteilt. Hinzu kamen 12 einfache Diebstähle und 9 Fälle, in denen es beim versuchten Diebstahl blieb. Drei weitere Fälle wurden eingestellt.

Zu Gunsten des Angeklagten wertete der Richter, dass er stets abgelegene Objekte für seine Einbrüche auswählte und diese nachts verübte, so dass nirgends Menschen gefährdet worden seien. Und durch sein Geständnis habe der Angeklagte dem Gericht einen aufwändigeren Prozess erspart.

Andererseits sei an den Taten „nichts Amateurhaftes“, so der Richter. Und die Rückfallgeschwindigkeit nach Verurteilungen sei hoch gewesen. Der Mann habe seit 1987 insgesamt 25 Jahre im Vollzug gesessen, dazwischen sei er zumeist auf der Flucht gewesen: „Richtig in Freiheit waren Sie fast nie.“ Polachowski sagte, die Kammer habe versucht, den Angeklagten anständig zu behandeln. Seine Verteidigerin beschrieb den Mann als „desillusioniert vom Leben“. Denn er habe gesagt, es werde schwer für ihn, wieder im bürgerlichen Leben Fuß zu fassen.

Info Vorsitzender Richter: Ulrich Polachowski; Beisitzer: Christian Mezger; Schöffen: Gaby Bruder, Manfred Knöll; Staatsanwalt: Matthias Altfelder; Verteidigerin: Sabine Höfner.

Richter zum Angeklagten: Immer wieder gern gesehen

Der Angeklagte ist bereits früher wiederholt aus der Haft geflohen. Wie berichtet, sägte er einmal die Gitterstäbe am Zellenfenster durch, ein andermal kam er vom Hafturlaub nicht mehr zurück. Entsprechend begrüßte der Tübinger Richter Ulrich Polachowski gestern den 48-Jährigen mit den Worten: „Wir stellen wieder fest, dass er nicht ausgebüxt ist und noch in Haft sitzt. Ich freue mich jedesmal, wenn ich Sie sehe.“ Ob die richterliche Freude auf Gegenseitigkeit beruhte, ließ sich freilich nicht feststellen.

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Erstellt:
15.07.2016, 20:59 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 54sec
zuletzt aktualisiert: 15.07.2016, 20:59 Uhr

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