Die Zeitung hat immer dazu gehört

Treue Leser Christa und Karl Stumm haben seit 50 Jahren das TAGBLATT abonniert. Über Generationen hinweg gab es in der Familie immer auch Zustellerinnen.

04.02.2017

Von Ifigenia Stogios

Seit fünfzig Jahren ein Paar und ebenso lang TAGBLATT-Abonnenten: Christa und Karl Stumm in Bad Niedernau. Bild: Stogios

Seit fünfzig Jahren ein Paar und ebenso lang TAGBLATT-Abonnenten: Christa und Karl Stumm in Bad Niedernau. Bild: Stogios

Zeitungsausträger des „Schwäbischen TAGBLATTs“ zu sein, war eine Art Tradition in der Familie von Christa Stumm. Ihr Großvater war das erste Familienmitglied, das in den 50er Jahren damit anfing. Es folgte ihre Mutter, dann Christa Stumm selbst und anschließend ihre Tochter.

„Mit fünf habe ich manchmal die letzten zehn Zeitungen in Bad Niedernau austragen dürfen. Mir hat es gefallen“, erinnerte sich die 68-Jährige. Sie wuchs im Flecken auf, war Kind einer Witwe und half ihrer Mutter beim Austragen der Zeitung. Jedes Mal lief Stumm dieselbe Strecke bis ans Ortsende, am Bahnhof entlang und kam auch an der ehemaligen Strickfabrik vorbei: „Als Kind hatte man damals kaum Spielsachen.“ Aus diesem Grund hielt sich Stumm gerne dort auf, spielte mit den Kindern des Fabrikbesitzers, die viel Spielzeug besaßen, und schwänzte den Kindergarten. Eine weitere Anlaufstation für die Zeitung war die Bonbonfabrik „Süka“; sie stand dort, wo heute die Pferdeklinik ist. Zur ihrer späteren Schulzeit trug Stumm zwei Bauernblätter aus, holte sie von der Post ab, kassierte das Geld gleich und zahlte es ein.

Als Stumm zehn war, heiratete ihr zwölf Jahre älterer Bruder im Oberland. Die ganze Familie fuhr hin. „Ich konnte nicht mit, es musste ja irgendjemand die Zeitung austragen. Also bin ich daheim geblieben“. Zwar war sie da bereits seit fünf Jahren gelegentliche und mutige Zeitungsausträgerin, aber vorm Schlafengehen an diesem Tag, da sie allein war, habe sie vor lauter Angst die Tür verriegelt. „Meine Mutter musste lange klopfen, bis sie reinkonnte“, erinnerte sich Stumm lachend.

Zeitung kam früher später

Erst als Christa Stumm elf war, hörte ihre alleinerziehende Mutter auf, Zeitungen auszutragen. Sie begann im Sprudelwerk „Römerquelle“ zu arbeiten. „Es war hart, sie hat Rheuma gehabt und eigentlich nur mit Schmerzmittel durchgehalten.“

Das Zeitungaustragen war früher ein ganz anderes Erlebnis als heute. Die Bündel bekamen die Zusteller/innen an ihr Haus geliefert. Einen Wagen, um die Blätter zu transportieren, hatten die Austräger damals noch nicht, also mussten sie selbst schleppen. Aber zu ihrer Zeit seien Zeitungen nicht so früh am Morgen ausgetragen worden wie heute, erzählt Stumm. Sie steckte die Exemplare auch nicht einfach in die Briefkästen und lief weiter zum nächsten Haus. „Und man kassierte einmal im Monat das Geld von den Leuten. Oft musste man mehrmals Mal klopfen, weil die Abonnenten kein Wechselgeld hatten. „Es war schlimm!“

Einmal biss Stumm sogar ein Hund. Trotzdem ließ sie sich von solchen Erfahrungen nicht schrecken und machte fleißig weiter, solange sie Jugendliche war. Das Familien-Gen fürs TAGBLATT-Zustellen vererbte sie an ihre Tochter: Die trug 1991 unsere Zeitung in Ergenzingen aus.

Lektüre von hinten nach vorn

Ein Leben ohne Zeitung? Das ist für Stumm unvorstellbar. „Zeitung hat immer dazu gehört, man war auf dem neuesten Stand, es gehört ja noch heute dazu. Ihr Morgenritual: Kaffee trinken und die Zeitung lesen. Sollten morgens mal Termine dazwischenkommen, „dann lese ich später weiter“. Sie fängt von hinten an zu lesen. Auf diese Weise entgehen ihr Traueranzeigen nie. Am Bildschirm die Zeitung zu lesen, ist nichts für die Bad Niedernauerin: „Mir ist das Papier lieber.“

Auch ihr Ehemann Karl ist begeisterter Zeitungsleser. Die beiden lernten sich an der Fasnet 1965 im Rottenburger Lokal „Anker“ kennen. Seine Mutter hatte ebenfalls das TAGBLATT abonniert. Ihre Hochzeitsnacht verbrachten sie im „Württemberger Hof“, weil ihre Wohnung noch nicht fertig war. Ihr erster gemeinsamer Morgen als Ehepaar war lebhaft. Sie mussten die Wirtin, die in ihrer Wohnung eingeschlossen war, befreien. Ihr Kind hatte den Schlüssel glücklicherweise an der Außentür hängen lassen.

An welchen Themen Karl Stumm am meisten interessiert ist? In fasziniert der Sportteil, weil er in seiner Jugend Fußball spielte. Was war früher anders an der Zeitung? Karl Stumm: „Früher wurde Einiges geheim gehalten, heutzutage sind die Berichte ausführlicher.“ Für ihn ist die Zeitung Bestandteil seines Alltags. „Man trifft jemand in der Stadt und kann sich über die Ereignisse unterhalten“.

Bitte half gegen Zeitungsklau

Voriges Jahr kam es vier Mal vor, dass bei den Stumms die Zeitung fehlte. Sie waren nicht die einzigen in dem Mehrfamilienhaus, denen das passierte. Zwei weitere Bewohner hatten sich auch gewundert, wo ihre Zeitungen blieben. „Wahrscheinlich hat sie jemand geklaut“, vermutet Karl Stumm. Erst nachdem seine Frau ein Plakat an die Briefkästen hängte mit der Bitte, die Zeitungen nicht wegzunehmen, hörten die Verluste auf.

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Erstellt:
04.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 17sec
zuletzt aktualisiert: 04.02.2017, 01:00 Uhr

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