Bestattungen
Die Verbundenheit zu Familie und Heimat ist stärker
Auf dem seit 17 Jahren bestehenden muslimischen Grabfeld des Rottenburger Klausenfriedhofs ist noch viel Platz.
Seit 17 Jahren gibt es auf dem Rottenburger Klausenfriedhof ein Gräberfeld für Muslime, deutlich länger als in Tübingen (seit fünf Jahren) oder Mössingen (seit zwei Jahren). Von den bisher bei der Klause angelegten dreizehn Grabstellen sind zwölf belegt. Platz wäre für dreimal so viele Gräber. Das Gräberfeld ist für die Gesamtstadt bestimmt. In den ersten vier Jahren nutzten vier Familien das Angebot. Von 2004 bis 2010 wurde kein einziger Moslem in Rottenburg beerdigt, seit 2010 gab es acht solcher Bestattungen.
Muslime werden traditionell in einem Tuch beerdigt. Bis 2013 war das in Baden-Württemberg nicht möglich. Seit vier Jahren gibt es im Ländle keine Sargpflicht mehr im Grab, nur der Transport muss im Sarg erfolgen. Das gilt auch für Christen. „In Rottenburg ist der Wunsch nach einer Tuchbestattung noch nicht aufgekommen“, sagt Kämmerer Berthold Meßmer.
Eine Möglichkeit, den Leichnam zu waschen, wie es muslimische Sitte ist, gibt es auf dem Klausenfriedhof nicht. Den Angehörigen steht für die rituelle Waschung ein Raum im Bestattungsinstitut Friedrichson zur Verfügung. „Das machen die Angehörigen aber alles selbst“, sagt Petra Friedrichson. Das Bestattungsinstitut übernimmt nur die Überführung des Leichnams – vom Sterbeort und bis zum Friedhof. Zum Grab tragen Angehörige des Verstorbenen den Sarg selbst.
Soll der Verstorbene in einem muslimischen Land beigesetzt werden, organisiert das Rottenburger Bestattungsinstitut die Überführung mit dem Flugzeug. Bisher waren es überwiegend Griechen, die sich an Friedrichson wandten. Es gibt aber auch die Möglichkeit, den Leichnam auf dem Landweg in die Heimat zu bringen. „Das machen wir nicht.“ Die jetzt sterben, gehörten häufig noch der ersten Generation der türkischen Zuwanderer an, sagt der Rottenburger Mustafa Uysal. Viele von ihnen hätten eine Versicherung abgeschlossen, die im Todesfall die Kosten für eine Überführung des Leichnams bis ins Heimatdorf übernimmt. Die Kosten seien jedoch eher zweitrangig, meint Uysal. Wichtig sei der soziale Aspekt. „Viele haben Verwandte in der Türkei und wollen deshalb dort begraben sein.“ Meist lebe der überwiegende Teil der Familie in der Heimat. An einer Beerdigung in Deutschland könnten nicht alle teilnehmen.
Andererseits fahren die in Deutschland lebenden Kinder sowieso jedes Jahr in die Türkei und können dann das Grab besuchen, sagt Uysal. Die Grabpflege übernehmen andere Angehörige.
Auch die Überführung des Leichnams überließen hier lebende Türken am liebsten Landsleuten. Türkische Bestatter gewährleisteten, dass die vorgeschriebenen Riten für einen Todesfall eingehalten werden.