Popzauber vor Albkulisse
Die Hegwiesen in Mössingen sahen 2016 ein immens abwechslungsreiches U&D
Mit Turbobier und Rasgarasga räumten zwei reichlich unterschiedliche Bands beim diesjährigen U&D ab. Dazwischen gab es viele Geheimtipps – und einen Headliner als Flatliner.
Mössingen. Das 32. Mössinger „Umsonst & Draußen“ ist zuende – und kann nach zwei Tagen mit gut gefüllten Hegwiesen, exzellentem Festival-Wetter und größtenteils guten Bands als beachtlicher Erfolg gelten. Außergewöhnlich früh am Freitagabend hatte der Popzauber bereits Fahrt aufgenommen, schon weit vor Sonnenuntergang konnten Bands vor dankbarem und zahlreichem Publikum spielen (wir berichteten). In tiefer Nacht dann rockten die von vielen mit Spannung erwarteten Headliner von „Turbobier“ die Wiese. Die Songs kamen prima an, sparten zwar mit Akkord-Vielfalt, aber nicht mit Lob für Bier, Arbeitslosigkeit – und nochmal Bier. Im Grunde waren „Turbobier“ also eine nicht unklassische „U&D“ Band, welche das Publikum spätestens nach dem Ende ihres Helene-Fischer-Covers „Arbeitslos durch den Tag“ auch frenetisch feierte.
Umsonst & Draußen
Völlig anders hingegen der Auftritt des zweiten Headliners in der folgenden Samstagnacht: das Trio Captain Capa aus Thüringen. Die Elektropopper, seit bald zehn Jahren im Geschäft, hatten eine runde Stunde testosterongeballtes Programm mitgebracht – vor allem aber eine Schubkarre mit beats per minute, mehrere Säcke Bühnen-Nebel und eine Lastwagenladung voller Dezibel, die die Band auch hingebungsvoll über den Hegwiesen ausschütteten. Folge: Bereits kurz nach Start des Konzerts war ein rundes Drittel der Zuschauer von der puren Lautstärke rund um die Boxen vom Platz vor der Bühne gefönt – und machte es sich lieber am Getränkestand bequem. Zwar versuchten es die Thüringer auch danach noch, mit beachtlichem Körper-Einsatz die bleibenden Fans zum Ausflippen zu bewegen. Doch ehrlicherweise muss man feststellen, dass der Headliner des zweiten Tages zum Flatliner wurde: Als Captain Capa gegen Mitternacht ihr dröhnendes Set ohne Zugabe beendeten, hatten nur ein paar Dutzend Hartgesottene vor der Hauptbühne die Stellung gehalten.
Der Bruch zur Vorband war allerdings auch ziemlich tief: Mit Einbruch der Dunkelheit hatte die Kölner Balkan-Ska-Party-Formation Rasgarasga die anfangs noch verhalten im Gras lümmelnde Hegwiesen-Gemeinde binnen Minuten auf Kurs gebracht.
Rasgarasga und
Turbobier räumen ab
Was vor allem Rasgarasga-Sängerin Franziska Schuster und Gitarrist Benedikt Fischer auf der Bühne abbrannten, war Festival-Feuerwerk vom Feinsten und gleichzeitig große Kunst. Als Rasgarasga nach ein paar Zugaben verschwitzt von der Bühne sprangen, hinterließen sie jubelnde Zuschauer, viele neue Fans und eine ganze Reihe ziemlich zerzauster Tänzer im Publikum.
Abseits der Main-Acts gab es auf der zweiten Bühne, die die Organisatoren in diesem Jahr in ein Zirkuszelt verfrachtet hatten, immer mal was zu entdecken. In der Freitagnacht, nach der Geisterstunde noch, etwa „The Deadnotes“ aus Freiburg mit leicht melancholischem Jungs-Indie. Oder am Samstagabend den jungen Basecap-Träger Florian Boger und Band – mit Funk und HipHop und dem nur leicht danebenliegenden Ruf „Hallo Tübingen!“, den Boger gleich wieder gekonnt ausbügelte, indem er hernach äußerst ausgiebig übers schöne Mössingen freestylte.