Lorenzo Zimmer über Schwarzwälder Kirschtorten

Damit die liebe Seele endlich Ruh‘ hat ...

Im Tübinger Rathausfoyer steht eine Schar japanischer Touristen an einem Tisch, drückt auf ein Tortensymbol. Im Kasten unter dem Tisch rattert und scheppert es. Dann: Bssssssss, klack. Ein kleiner Katapult-Arm fährt heraus, klappt sich in Position. Wo bei großen Katapulten der Stein liegt, hat irgendwas oder irgendwer ein kleines, feines Stückchen Schwarzwälder Kirschtorte drapiert. Drückt der Touri erneut aufs Knöpfchen, schleudert ihm das Ärmchen das Törtchen ins Mündchen. Wahnwitzige Vorstellung.

15.10.2017

Von Lorenzo Zimmer

Und bald Realität. Bis auf das mit dem Katapult-Arm natürlich. Wo soll auch die allzeit frische Torte herkommen? Ein Konditor könnte sie jeden Morgen anliefern. Aber bitte auch am Sonntag – der eignet sich traditionell besonders gut zum Torte essen. Und wer soll das bezahlen? Dürfte da dann Alkohol drin sein? Ist das dann für alle Tübinger? Und wenn nicht, geht Schwarzwälder Kirschtorte überhaupt ohne Alkohol? Egal! Der Knopf jedenfalls kommt wirklich.

„Wenigstens wird auf diese Weise kein städtisches Geld verwendet“, sagte eine Gemeinderätin mit gedämpfter Stimme in der Pause der Sitzung des Kultur- und Bildungsausschusses des Gemeinderats am Donnerstag. Tübingen bekommt nämlich nicht nur keinen tortenverschießenden Katapult-Arm , sondern auch kein Schwarzwälder-Kirschtorten-Museum. „Partei“-Gemeinderat Markus Vogt hatte ein solches bei den Haushaltsberatungen gefordert. Der fraktionslose Jürgen Steinhilber hatte sich ihm angeschlossen.

Und die arme Stadtverwaltung musste auf all das eingehen, prüfen, ob ein solches Museum denkbar wäre und am Ende eine Vorlage erstellen. Sehr zur augenscheinlichen Freude von Vogt kam die Stadt auch noch zu dem Schluss, dass Tübingen an der Erfindung der braun-weiß-roten Kalorienbombe beteiligt gewesen sein könnte. Zusammen mit Bad Godesberg. Oder auch nicht. So genau weiß das keiner. Vogt forderte darüber eine Doktorarbeit: „Wieso sollte man darüber nicht forschen können?“

Statt mit einem Museum geht man auf den Antrag der Stadträte Vogt und Steinhilber jetzt anders ein. Der Torten-Kompromiss hatte sich bereits bei den Haushaltsberatungen im Januar abgezeichnet: Die Schwarzwälder Kirschtorte und ihre mögliche Verbindung zu Tübingen finden Eingang in den so genannten „Tüsch“. Vogt war zunächst gegen ihn, aber als die Torte rein sollte, dann doch dafür.

Dieser Multimediatisch im Foyer des Tübinger Rathauses jedenfalls kriegt einen Knopf mit einer Torte drauf. Damit sich Besucher über die Torte und ihre möglichen Tübinger Wurzeln informieren können. Die Kosten dafür sind durch die Kosten für den „Tüsch“ bereits gedeckt. „Das ist richtig, wichtig und gut für unsere Stadt“, signalisierte Vogt dem Kultur- und Bildungsausschuss feierlich seine Zufriedenheit mit dem Kompromiss. Der „Tüsch“ hat übrigens bestimmt noch Platz für weitere Knöpfe. Nur falls Vogt mal wieder eine Idee haben sollte ...

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Erstellt:
15.10.2017, 17:49 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 07sec
zuletzt aktualisiert: 15.10.2017, 17:49 Uhr

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