Zirkus Zambaioni: Krönung in Köln

Charlotte Siegmann und Matthes Speidel gewannen mit ihrer Jonglage einen renommierten Wettbewerb

30.03.2017

Von Moritz Hagemann

Auf dem Oberschenkel von Matthes Speidel steht Charlotte Siegmann – diese Einlage ist ein Teil der erfolgreichen Show. Bild: Anne Barth

Auf dem Oberschenkel von Matthes Speidel steht Charlotte Siegmann – diese Einlage ist ein Teil der erfolgreichen Show. Bild: Anne Barth

Sie sind ein altes Ehepaar. Zumindest auf der Bühne. Da sitzt Charlotte Siegmann (17) auf einer Bank und strickt. Daneben setzt sich Matthes Speidel (17). Dann beginnt die Jonglage. „Ein bisschen Rock ’n’ Roll tanzen wir später auch“, sagt Siegmann. Das Duo vom Tübinger Kinder- und Jugendzirkus Zambaioni zeigt einige Theaterelemente und jongliert dabei. Ihre aktuelle Nummer versuchen sie seit einem Jahr stetig zu verbessern. Seit vier Jahren jonglieren beide regelmäßig, trainieren das bis zu fünf Mal die Woche. „Im Zirkus geht es zu fünfzig Prozent um Sport und Leistung“, sagt sie, „und zu fünfzig Prozent um Inszenierung und Kunst.“ Er nickt.

Beide harmonieren – auch bei ihrem Besuch in der TAGBLATT-Redaktion. Privat sind sie nicht liiert, über den Zirkus haben sich Siegmann und Speidel kennengelernt. Er ließ sich von der eigenen Schwester inspirieren, die schon im Zirkus Zambaioni dabei war. Siegmann schaute mit acht Jahren mal zu – und war begeistert. Sie sei „angefixt“ gewesen, als sie drei Bälle auf einmal in der Luft halten konnte. „Jetzt verbringen wir sehr viel Zeit miteinander“, sagt er. Ob’s da auch mal kracht? Sie lächelt hinüber: „Mit dem Matthes kann man gar nicht streiten.“ Sehr wohl aber gewinnen.

Sieger aus 80 Bewerbern

Im vergangenen Jahr hatten sich beide für „Circus Kicks“ in Köln beworben – wie etwa 80 andere Quartette, Duos oder Solisten aus ganz Deutschland. Eine von vier Vorrunden gewannen sie mit ihrer Nummer, Mitte März war dann das Finale. Dem ging noch ein Workshop voraus, ebenfalls in Köln – drei Wochenenden verbrachten sie dort. Das Zirkus- und Artistikzentrum stellte ein Zelt zur Übernachtung. „Ziel ist es, einen Austausch zu bekommen und den Artisten in ihrer künstlerischen Entwicklung zu helfen“, sagt Siegmann. Die Juroren lobten vor allem die gute Harmonie und die Eingespieltheit zwischen beiden. Das Tübinger Duo gewann so auch die Endrunde.

Sind sie nun also die besten jungen Jonglage-Artisten im Land? Beide zögern. „Schwierig zu sagen“, sagt er. Viele Artisten würden gar nicht an solchen Wettbewerben teilnehmen. Es gebe überhaupt nur zwei solcher Bewerbe in Deutschland: den in Köln sowie die Wettbewerbsshow des Circus Waldoni in Darmstadt. Die ist jedoch am 12. April. Ein ungeschicktes Datum, weil Charlotte Siegmann im April am Carlo-Schmid-Gymnasium ihr Abitur machen will.

Ihre Lieblingsfächer sind Mathematik und Politik, sie ist auch im Jugendgemeinderat. Eher unwahrscheinlich sei es, dass sie im Zirkus beruflich arbeiten möchte. Ein Philosophie- oder Politik-Studium sei wahrscheinlicher. Eventuell auch gar nicht in Tübingen. „Ich kann mir nicht vorstellen, das ganze Leben auf der Bühne zu stehen.“

Anders Matthes Speidel, der im kommenden Jahr am Geschwister-Scholl-Gymnasium das Abitur schaffen möchte. Dann will er an einer Zirkusschule lernen, am liebsten in Holland oder Schweden, in Deutschland gebe es keine vergleichbare Ausbildung. „Aber es ist schwer, da genommen zu werden“, sagt er. Preise wie der aus Köln helfen auch nicht. An diesen Schulen müsse er sich mit Videos bewerben. Lukrativ sei der Job nicht: „Das mache ich nicht, um viel Geld zu verdienen. Sondern weil’s Spaß macht.“ Für andere Hobbys bleibt schon jetzt kaum Zeit.

Beide machen für die Luftakrobatik-Vorstellungen auch bis zu drei Mal Krafttraining die Woche. Bis zu fünf Mal im Jahr fährt das Duo zusätzlich auf Conventions: zuletzt nach Amsterdam, im Sommer nach Lublin (Polen). „Da nimmt man ganz viel Inspiration mit“, sagt sie. Er holt sie sich auch mit Internet-Videos. Der Finne Onni Toivonen sei so etwas wie sein Vorbild. Dessen „Juggling Act 2016“ schauten sich immerhin 22 000 Menschen im Internet an. „Onni hat coole Tricks drauf“, sagt Speidel. Die will er umsetzen, um irgendwann selbst ein Vorbild für andere zu sein.

Abschied beim „KUNSTstück“

Am 5. Maifeiert der Zirkus Zambaioni auf der Derendinger Festwiese die Premiere der Aufführung „KUNSTstück“. Dabei verwandle sich die Manege in ein Museum, unter anderem steht eine Graffiti-Jonglage im Programm. Für die 17-jährige Charlotte Siegmann wird es wohl die Abschiedstour für den Tübinger Zirkus. „Ich weiß ja gar nicht, ob ich danach in Tübingen bleibe“, sagt sie im Hinblick auf ein Studium. Ihr Partner Matthes Speidel (17), mit dem sie in Köln zuletzt den Wettbewerb „Circus Kicks“ gewann, wird noch ein weiteres Jahr dabei bleiben. Beide verteilen für die „KUNSTstück“-Aufführungen Flyer in der Stadt. „Da erkennen uns schon manche Leute“, sagt sie.

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30.03.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 30.03.2017, 01:00 Uhr

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