Risiken von Dämmen

Tübinger Experten zu Wasserkraftnutzung

Energie aus Wasserkraft zu nutzen – das ist eigentlich erwünscht, weil ökologisch. Doch der Bau von Dämmen gefährdet die Artenvielfalt, glauben Tübinger Wissenschaftler.

10.01.2016

Auf die Gefahren, die der Ausbau der Wasserkraft mit sich bringt, weisen die Wissenschaftler in einer internationalen Studie hin. Darin wurden Daten zu den Flüssen Amazonas, Mekong und Kongo ausgewertet. Der ökonomische Nutzen von Staudämmen werde häufig überschätzt, die langfristigen Konsequenzen für Artenreichtum und Fischerei hingegen unterschätzt, warnen die Autoren.

Um die Auswirkungen auf Umwelt und Mensch zu minimieren, fordern sie überregionale Analysen zur Risikoabschätzung bei Dammbauten, die sowohl soziale als auch ökologische Prozesse und ihre Wechselwirkungen berücksichtigen. Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal „Science“ veröffentlicht.

Karten zur Verteilung

von Fischarten

Prof. Christiane Zarfl vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Uni Tübingen hatte gemeinsam mit dem Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei eine Datenbank von allen großen Wasserkraftanlagen weltweit zusammengestellt, die sich derzeit im Bau befinden oder geplant sind. Ein internationales Wissenschaftlerteam kombinierte nun diese Informationen mit aktuellen Daten zur Verteilung von Fischarten in den drei großen Flusssystemen und stellte sie in Karten dar.

In den tropischen Einzugsgebieten von Amazonas, Mekong und Kongo leben mit mehr als 4000 Arten knapp ein Drittel aller Süßwasserfischarten der Erde. Derzeit sind diese Flüsse noch weitgehend unverbaut, jedoch ist die Errichtung von mehr als 450 großen Dämmen geplant. Dies habe nicht nur soziale Auswirkungen, wie die Umsiedlung der ansässigen Bevölkerung, sagen die Autoren.

Oft seien auch die Orte, die sich für die Stromerzeugung am besten eignen, zugleich Gebiete, die eine einmalige Artenvielfalt aufwiesen. Es bestehe die akute Gefahr, dass große Dämme den Fischreichtum reduzierten und Hindernisse für wandernde Fische darstellten. „Dies kann Fischpopulationen trennen und deren Lebenszyklen unterbrechen“, sagt Zarfl.

Auswirkungen auf

Umwelt reduzieren

„Staudämme schränken die natürliche Dynamik eines Flusses ein und schaffen somit einheitlichere und unproduktivere Lebensräume. Das reduziert nicht nur den Artenreichtum, es beeinträchtigt auch die Fischerei und die von der Dynamik des Gewässers abhängige Landwirtschaft“, so Zarfl.

Mit der Studie wollen die Wissenschaftler zeigen, wie wichtig eine abwägende Auswahl des Staudammstandortes für ein nachhaltiges Gewässermanagement sei, sagt Zarfl. Die Autoren empfehlen daher mit Nachdruck eine integrative Planung des Wasserkraftausbaus, die eine Balance zwischen Ausschöpfung des Wasserkraftpotentials und dem Erhalt natürlicher Ressourcen wahrt. Zur Risikoabschätzung müssten alle verfügbaren Daten genutzt werden. Vor allem Geldgeber seien aufgerufen, Analysen zu fordern, die kumulative Effekte bestehender und geplanter Staudämme berücksichtigen und explizit alternative Standorte miteinbeziehen: „Nur so können soziale Ziele erreicht und die Auswirkungen auf die Umwelt reduziert werden.“st

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Erstellt:
10.01.2016, 11:17 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 15sec
zuletzt aktualisiert: 10.01.2016, 11:17 Uhr

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