Trotz Langeweile erfolgreich

Vor dem Spiel gegen Norwegen lassen Handballer Euphorie abprallen

Nach dem Halbfinal-Einzug bei der Handball-EM in Polen ist von Euphorie beim deutschen Team nichts zu spüren. Spieler und Trainer bleiben fokussiert und konzentrieren sich auf das heutige Spiel gegen Norwegen.

29.01.2016

Von SWP

Immer wieder kam Steffen Fäth gegen Dänemark frei zum Wurf - auch dank der "Verwirrungstaktik" von Trainer Dagur Sigurdsson. Foto: Eibner

Immer wieder kam Steffen Fäth gegen Dänemark frei zum Wurf - auch dank der "Verwirrungstaktik" von Trainer Dagur Sigurdsson. Foto: Eibner

Breslau. Dagur Sigurdsson weiß, dass das, was er erzählt, nicht immer spannend ist. "Das ist eine langweilige Antwort", sagt er dieser Tage stets, wenn er danach gefragt wurde, worauf es bei der deutschen Handball-Nationalmannschaft ankomme: "Gute Abwehr, gute Torhüter, schnelles Spiel." Das Erfolgsrezept klingt simpel, aber auch heute im EM-Halbfinale gegen Norwegen (18.30 Uhr/ZDF) werden genau diese Punkte entscheidend sein.

Mit einem Sieg würde Deutschland nicht nur am Sonntag (17.30 Uhr) im Finale gegen Kroatien oder Spanien um den Titel kämpfen, sondern hätte auch das Ticket für die WM 2017 sicher. Doch soweit denkt im Team keiner. "Wir haben bislang von Spiel zu Spiel geschaut", sagt Sigurdsson und weicht von diesem Plan keine Spur ab. Warum auch? Nach der Auftaktniederlage gegen Spanien gelangen dem deutschen Team fünf Siege in Serie, im entscheidenden Spiel um den Halbfinaleinzug wurde der haushohe Favorit Dänemark 25:23 geschlagen.

Die Stimmung im Team ist entsprechend super. "Siege sind das beste Teambuilding, dann wächst was zusammen", sagt Sigurdsson, der aber auch weiß, dass es anders laufen kann: "Wenn du verlierst, dann wird geschaut, wer Fehler macht und schuld ist. Meistens ist das dann der Trainer."

Von Schuldzuweisungen ist das deutsche Team jedoch meilenweit entfernt. Als eingeschworener Haufen treten die Spieler auf, bei denen keine Spur von Euphorie zu spüren ist. "Das hat jeder von uns so intus", sagt Martin Strobel. "Das zeigt auch den Charakter der Mannschaft. Sie ist noch jung und deshalb vielleicht ein bisschen vorsichtiger."

Dabei neigen junge Spieler eher dazu, mal abzuheben. Doch das mit 24,6 Jahren jüngste EM-Team präsentiert sich bislang auf und abseits des Felds überraschend abgeklärt. In den engen Spielen gegen Schweden, Russland und Dänemark wichen die DHB-Akteure nicht von ihrer spielerischen Linie ab und behielten die Nerven. Keine Panikaktion oder Einzelgänge, jeder hielt sich an den Spielplan. Und der ist von Sigurdsson und seinen Co-Trainern Axel Kromer und Alexander Haase vorab genau ausgetüftelt.

Nicht zum ersten Mal bei der EM überraschte Deutschland den Gegner. Gegen Dänemark spielte das DHB-Team mit mehreren Deckungsvarianten, die es immer wieder wechselte. Für den eigenen Angriff hatte sich Sigurdsson eine "Verwirrungstaktik", zurechtgelegt, wie Linksaußen Rune Dahmke es nannte. Immer wieder liefen die Außen an den Kreis ein, nicht, um selber zum Wurf zu kommen, sondern um die Zuordnung der Defensive zu stören. Dadurch kamen die Rückraumschützen Steffen Fäth, Kai Häfner und Fabian Wiede nahe genug für gute Würfe an die Abwehr ran. "Das hatten die Dänen nicht auf dem Schirm, und wir konnten einfache Tore machen", sagte Strobel.

Am Tag nach dem Coup sprechen die Spieler unaufgeregt und fokussiert über das Dänemark-Spiel und die Partie gegen Norwegen. Darin ähneln sie ihrem Trainer. Auch Sigurdsson lässt nach außen keine emotionale Veränderung erkennen. Ob er vor der EM vom Halbfinale oder Titel geträumt habe? "Ich hänge mir keine Ziele oder Träume auf", antwortet Sigurdsson. "Wir haben das Halbfinale nicht planen können, das ist unplanbar." Als Beispiel nennt der 42-Jährige sein bereits ausgeschiedenes Heimatland, das in einer Gruppe mit den Halbfinalisten Norwegen und Kroatien war. "Jetzt sprechen daheim alle davon, dass Island meilenweit von der Spitze entfernt ist. So ist die Welt."

Für die deutsche Mannschaft ist die Handball-Welt hingegen mehr als in Ordnung. "Jetzt kommt ein großes Wochenende für uns, da wollen wir das Maximum herausholen", sagt Sigurdsson: "Also bleibt alles wie gewohnt - Analyse und Vorbereitung." Klingt langweilig, ist aber erfolgreich.

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Erstellt:
29.01.2016, 08:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 29.01.2016, 08:30 Uhr

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