Mann vieler Namen
Missbrauch: Aussagen der „Kwick!“-Betreiber
Am neunten Verhandlungstag im Prozess gegen einen Reutlinger, der im Internet Kontakte zu Kindern und Jugendlichen aufgenommen und einige bei Treffen auch vergewaltigt haben soll, haben gestern Betreiber des Online-Portals ausgesagt.
Tübingen/Reutlingen. „Enrico14“, „der_Lehrer“ und „oldloveyoung“: Der 45-Jährige, der sich vor dem Tübinger Landgericht verantworten muss, hatte im Internet viele Namen. Von Herbst 2013 bis Ende 2015 soll er über das Internet-Portal „Kwick!“ gezielt Mädchen angeschrieben haben. Mit einigen soll er sich persönlich getroffen und sie sexuell missbraucht haben.
Gestern sagten die Geschäftsführerin des Portals und ein Programmierer als Zeugen aus. Zwar gebe es Filter, um anstößige Inhalte und gefälschte Profile zu vermeiden, doch: „Man kann das nie hundertprozentig ausschließen“, sagte der Programmierer. Seit November 2014 herrschten auf „Kwick!“ schärfere Richtlinien. So könnten zwölf- bis 14-Jährige zwar unbekannte Ältere kontaktieren, jedoch nicht von diesen angeschrieben werden.
Laut Staatsanwaltschaft habe der Angeklagte das Portal vor allem zur Kontaktaufnahme genutzt, um das Vertrauen der Mädchen und ihre Telefonnummern zu bekommen. Erst per Handy-Chat lenkte er die Gespräche auf sexuelle Interessen und verschickte pornographische Bilder.
In den vergangenen nichtöffentlichen Sitzungen hatte das Gericht betroffene Mädchen befragt. „Mehr als zweifelhaft“ bezeichnete Verteidiger Achim Unden nun die Zeugenaussagen zweier Mädchen, die der Angeklagte mehrmals missbraucht haben soll. Unden beantragte ein aussagepsychologisches Gutachten. Staatsanwältin Rotraud Hölscher betonte, Brüche in Aussagen könnten durch solch ein Gutachten nicht aufgegriffen werden. Die Frage, ob sexuelle Handlungen gegen oder mit dem Willen der Mädchen geschehen seien, habe nur das Gericht zu klären. Dieses entscheidet am Donnerstag über den Antrag. Zudem kündigte die Verteidigung eine Stellungnahme des Angeklagten an.