Übrigens

Groß, aber nicht größenwahnsinnig

Von allen Baustellen in Tübingen ist die größte auch die gleichzeitig unbeachtetste: das Klinik-Viertel auf dem Schnarrenberg. Die gigantischen Bauprojekte lösen keine Verkehrsstaus aus, zwingen einen nicht zum Slalom durch die Altstadt und werden deshalb oft gar nicht so richtig wahrgenommen.

08.07.2016

Von Angelika Bachmann

Für dreistellige Millionenbeträge werden derzeit die Crona-Kliniken saniert. Die Augenklinik (mehr als 50 Millionen Euro) wird im Oktober bezugsfertig. Das neue Parkhaus (6 Millionen Euro) ist fast fertig. Und der Bau-Boom geht weiter.

Wieso hat das Klinikum einen derartigen Platzbedarf? Muss das sein? Muss man wirklich den Steinenberg antasten?

Um diese Fragen zu beantworten, muss man sehen, dass sich die Universitätsmedizin in den vergangenen Jahren – in Tübingen wie anderswo – grundlegend gewandelt hat. Neben der Patientenversorgung und damit dem Klinikbau hat die Forschung erheblich an Boden gewonnen. Es reicht heute nicht mehr aus, Zimmerchen für Forschung in Kelleretagen oder in umgebauten Abstellkammern bereitzustellen. Moderne Forschung braucht Raum: Labore, Geräte, Seminarräume, Raum zum Experimentieren, Raum, um Menschen zusammenzubringen und um Ideen auszutauschen.

In einer ersten Modernisierungsphase des Klinikums ging es insbesondere darum, Altbauten im Tal durch moderne Kliniken auf dem Schnarrenberg zu ersetzen. In der jetzigen, zweiten Modernisierungsphase werden vor allem Forschungszentren entstehen. Und dafür ist zusätzliche Fläche nötig. Und zwar nicht auf der Rosenau, sondern unmittelbar bei den Kliniken.

Beispiele dafür sind die drei Gebäude, die ganz im Osten des Schnarrenbergs oberhalb der Schnarrenbergstraße thronen: das Hertie-Institut für Hirnforschung, das Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen und das Centrum für Integrative Neurowissenschaften. Weitere sollen bald folgen: ein Zentrum für personalisierte Medizin. Und ein Zentrum, in dem erforscht wird, wie Therapien mit Hilfe von bildgebenden Verfahren optimiert oder ganz neu gedacht werden können.

Solche Erweiterungen des Medizin-Viertels auf dem Schnarrenberg sind kein Selbstzweck einer größenwahnsinnigen Wissenschaft. Es geht darum, innovativen Ansätzen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten, damit die besten Ideen so bald wie möglich beim Patienten ankommen. Profitieren werden Tübingen und das Umland deshalb nicht nur von der wirtschaftlichen Stärke dieser ausgesprochen krisenunabhängigen Branche. Sondern auch von der exzellenten medizinische Versorgung direkt vor der Haustür. Hat nicht jeder jemanden im Familien- oder Bekanntenkreis, der inständig darauf hofft, dass man Krankheiten wie Krebs, Alzheimer oder chronische Entzündungen besser versteht und deshalb auch besser therapieren kann?

Man muss dem Klinikum zugute halten, dass es die Flächen im bisherigen Quartier ausnutzt, wo es geht. Auch (wie bei den Crona-Kliniken) aufwändig bei laufendem Betrieb Altbauten saniert. Aber der Nachverdichtung sind Grenzen gesetzt. Wenn dann noch die Erweiterungsflächen an der Oberen Sarchhalde ausgeschöpft sind, wird deshalb kein Weg daran vorbei führen, mittelfristig auch auf den Steinenberg auszugreifen.

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Erstellt:
08.07.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 14sec
zuletzt aktualisiert: 08.07.2016, 01:00 Uhr

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