Einfach das Ende der Welt

Einfach das Ende der Welt

In dem Drama von Xavier Dolan will ein junger Mann seiner Familie offenbaren, dass er demnächst sterben wird.

02.04.2017

Von Klaus-Peter Eichele

Einfach das Ende der Welt

Ein junger Mann besucht nach Jahren erstmals wieder seine Heimatstadt in der Provinz und seine Familie. Das klingt wahrlich nicht nach einem originellen Kinoplot. Doch schon der Grund der Rückkehr ist ungewöhnlich. Nicht etwa ist, wie üblich, ein Elternteil gestorben, sondern Louis (Gaspard Ulliel) steht krankheitshalber selbst an der Schwelle zum Tod. Davon will der Mittdreißiger seine Mutter und Geschwister unterrichten, doch in den zwei Tagen seines Aufenthalts findet sich einfach keine Gelegenheit dazu.

Denn zum einen haben sich Heimkehrer und Daheimgebliebene emotional doch sehr voneinander entfernt. Zudem sitzt der Stachel der Enttäuschung, vom Bruder und Sohn im Stich gelassen worden zu sein, bei allen Familienmitgliedern tief - was sie ihm nach und nach in unterschiedlicher Intensität auch zu verstehen geben. Parallel beginnt man aber auch zu begreifen, warum Louis diese familiäre Druckkammer einst hinter sich gelassen hat, um in der Großstadt als Schriftsteller und in der schwulen Szene sein Glück zu finden.

An seine letzten großen Werke „Mommy“ und „Sag nicht, wer du bist“ reicht der neue Film von Xavier Dolan (der gleichwohl in Cannes den Großen Preis der Jury einheimsen konnte) nicht heran. So unternimmt das kanadische Jung-Genie erst gar nicht den Versuch, die Herkunft des Stoffs von der Theaterbühne zu verschleiern. Es dominieren Großaufnahmen von Gesichtern, die allerdings durchweg Stars wie Léa Seydoux, Vincent Cassel, Marion Cotillard und Nathalie Baye gehören.

Diesen schauspielerischen Hochkarätern gelingen denn auch überzeugende Charakter-Miniaturen. Die ganz große emotionale Intensität, die man von Dolan gewohnt ist, stellt sich in diesem Grundriss einer schrecklich netten Durchschnittsfamilie jedoch nicht ein.

Eine familiendramatische Fingerübung von Xavier Dolan ragt immer noch über den Durchschnitt hinaus.

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Erstellt:
02.04.2017, 11:11 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 53sec
zuletzt aktualisiert: 02.04.2017, 11:11 Uhr

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