Kommentar

Die Antwort auf die 326325-Euro-Frage

Warum spenden Zeitungsleser für einen guten Zweck 326 325 Euro? Niemals zuvor in der TAGBLATT-Geschichte kam auch nur annähernd so viel Geld zusammen, nicht einmal als wir für das überschwemmte Grimma sammelten. Im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2014, stieg die Summe um, bitte festhalten, 196 Prozent.

05.02.2016

Nun war das Jahr 2015 nicht nur in Tübingen ein gutes Spendenjahr. Der Deutsche Spendenrat errechnete für das gesamte Land eine Steigerung des Spendenaufkommens um 8,2 Prozent. Das ist ordentlich. Doch was sind 8,2 Prozent verglichen mit 196 Prozent?

Auf der Suche nach einer Antwort landet man unvermeidlich bei einer Person. Notärztin Lisa Federle hat bestimmt nicht nur Fans in der Stadt, aber sie kommt rum, kann anpacken, hat eine gesunde Abneigung gegen Bürokratie und bewegt sich unter einfachen Leuten genauso sicher wie unter Promis. Sowas mögen Spender.

Und ihre Idee, die Sammelunterkünftige der Flüchtlinge mit einem Arztmobil abzufahren, war einfach gut. Dass Menschen, die unter dramatischen Umständen einem Kriegsgebiet entkommen, medizinische Hilfe brauchen, leuchtet jedem ein. Und jeder versteht auch, dass sich Flüchtlinge ohne Sprachkenntnisse in einer normalen Praxis schwer tun. Versuchen Sie mal, einem Arzt ohne Worte eine Verdauungsstörung zu erklären. Das Arztmobil spricht also viele an. Die einen erinnert es an die chinesischen Barfußärzte, die im revolutionären China von Dorf zu Dorf zogen. Den anderen gefällt, dass ihr Geld in etwas so Grundsolides und Sichtbares wie einen Camper investiert wird. Und dann ist das Fahrzeug ja auch noch ein politisches Statement – Hilfe für Flüchtlinge.

Auch das zweite Projekt, die Palliativ-Abteilung des Paul-Lechler-Krankenhauses, überzeugte viele Menschen auf Anhieb. Wer einmal einen Angehörigen auf dem Berg besucht hat (und das haben inzwischen ziemlich viele), weiß, was dort oben geleistet wird.

Wer die Arbeit dieser erstaunlichen Institution unterstützt, will oft einfach nur Danke sagen für die mitfühlende und kundige Begleitung eines Angehörigen. Oder aber ganz pragmatisch in die Zukunft investieren: Von Krankheit und Tod bleibt schließlich niemand verschont, nicht einmal man selbst. Zwei gute Gründe.

Wir von der Zeitung freuen uns jedenfalls sehr über das grandiose Ergebnis. Dass unser gutes altes Printmedium im Internet-Zeitalter so viel bewirken kann, gefällt uns. Und wir sind auch ziemlich stolz auf unsere Leser, diese wunderbaren, großzügigen Leser.

Til Schweiger, unser diesjähriger Rekordspender, hat leider noch kein TAGBLATT-Abo. Er tut sich manchmal ein bisschen schwer mit den Medien, heißt es. Aber egal, wir mögen ihn trotzdem. Und ganz ehrlich: In „Inglourious Basterds“ war er richtig gut.ulrich janssen

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Erstellt:
05.02.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 05.02.2016, 01:00 Uhr

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