VfB Stuttgart
Der Traditionsklub stellt sich neu auf
Meisterspieler Hitzlsperger übernimmt an der Seite von Präsident Dietrich und Unternehmer Gaiser eine führende Rolle. In dem ausgegliederten Profibereich kümmert er sich um den Nachwuchs.
Stuttgart. Als Mann der profunden wie pointierten Analyse hat sich Thomas Hitzlsperger erst in der vergangenen Woche bewährt. Vor Millionenpublikum kommentierte der frühere Nationalspieler im Fernsehen die erfolgreichen Auftritte der deutschen Auswahl bei der Mini-WM in Russland. Seine Expertise ist in Zukunft speziell beim VfB Stuttgart gefragt. Der 35-Jährige hat ab sofort neben Präsident Wolfgang Dietrich und dem ebenfalls neu berufenen Unternehmensberater Bernd Gaiser einen Platz im Präsidium des Traditionsklubs. In der seit Dienstag offiziell ausgegliederten Profiabteilung ist er außerdem für den Jugendbereich verantwortlich.
„Es ist mir eine Ehre, diese Aufgabe beim VfB übernehmen zu dürfen“, sagte Hitzlsperger. „Ich spüre eine positive Entwicklung im Verein und ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass der VfB wieder dahin kommt, wo er hingehört.“ In der vergangenen Spielzeit war der Meisterspieler von 2007 bereits als Berater des Klubvorstands aktiv. Wie Gaiser ist Hitzlsperger zunächst kommissarisch im Amt, bei der nächsten Mitgliederversammlung, die Anfang Dezember ansteht, müssen sich die beiden Neueinsteiger per Votum bestätigen lassen.
„Neues Kapitel“
Mit frischem Elan und dem guten Gefühl, das aus den jüngsten Erfolgen auf sportlichem und geschäftlichem Gebiet resultiert, versuchen die Kluboberen, den Aufschwung des VfB voranzutreiben. Im Business Club der Mercedes-Benz Arena, wo der Präsident seine neuen Mitstreiter vorstellte, kreisten die Gedanken programmatisch um eine Zukunft in rosarot. „Wir können ein neues Kapitel in der Vereinsgeschichte des VfB aufschlagen“, sagte Dietrich. „Wir wollen in drei bis vier Jahren im ersten Drittel der Bundesliga stehen und wieder zu einer Top-Adresse im deutschen Nachwuchs werden.“
Die für den Profibereich ausgegliederte Kapitalgesellschaft, an welcher der Hauptverein mit 88,25 Prozent beteiligt ist, firmiert seit 4. Juli unter dem Namen VfB Stuttgart 1893 AG. Als strategischer Partner hat die Daimler AG für 41 Millionen Euro die restlichen 11,75 Prozent der Anteile erworben. Das Geld soll laut Dietrich dieser Tage überwiesen werden. Mehr als 60 Millionen Euro, so rechnete der Präsident vor, seien durch den Verkauf weiterer Anteile in den nächsten Jahren zusätzlich möglich.
„Unser Ziel ist es, die Tradition zu erhalten und uns der Kraft des Kommerzes zu stellen“, sagte Dietrich mit forschem Blick. „Wenn wir ähnlich gut arbeiten wie die reinen Kommerzvereine, etwa Leipzig und Hoffenheim, werden wir besser sein, weil wir die Tradition im Hintergrund haben.“ Der Präsident des Hauptvereins fungiert künftig auch als Vorsitzender des Aufsichtsrats in der VfB AG, dem neunköpfigen Kontrollgremium gehören auch die früheren Profis Guido Buchwald und Hermann Ohlicher an.
Die vorrangige Aufgabe des ehemaligen VfB-Kapitäns Hitzlsperger ist es, dem Nachwuchs professionell zu durchleuchten und entsprechend zu fördern. „Ziel ist, dass es nicht mehr heißt, ein Drittel der Nationalmannschaft war irgendwann mal beim VfB und spielt jetzt anderswo“, sagte der einstige Spitzenakteur. Es gehe darum, potenzielle Profikicker bereits in jungen Jahren von den Vorzügen des Vereins zu überzeugen und sie möglichst langfristig zu binden.
Wertvolle Kontakte
Auch auf sportpolitischer Ebene hat Hitzlsperger nach dem Ende seiner aktiven Karriere wertvolle Kontakte gepflegt. Für den Deutschen Fußball-Bund ist er als Botschafter für Vielfalt im Einsatz, die Bundesliga unterstützte er bereits mehrfach bei der Vermarktung im Ausland. Die Routine aus mehr als einem Jahrzehnt als Profispieler, sein diplomatisches Geschick und die Fähigkeit, überlegte Worte klar zu formulieren, runden das Profil ab, das ihn als idealen Partner für die erfahrenen Geschäftsmänner Dietrich und Gaiser erscheinen lässt.
Die strukturellen und die daraus resultierenden personellen Herausforderungen im Klubgefüge glauben die Stuttgarter zumindest kurzfristig professionell gelöst zu haben. Ob und wie schnell der VfB vorankommt, werden die Partien der Profis in der Bundesliga dokumentieren. „Das Wichtigste ist der sportliche Erfolg“, sagte Dietrich, der Präsident. „Jetzt geht es erst einmal darum, die Liga souverän zu halten.“