Reutlingen/Tübingen

Gericht verkündet Urteil im Gaisbühl-Brand-Prozess

Die Frau, die in einem Reutlinger Fachpflegeheim ein Feuer legte, in dessen Folge drei Menschen starben, muss dauerhaft in die geschlossene Psychiatrie. Das hat das Tübinger Schwurgericht am Donnerstag entschieden.

12.10.2023

Von Jonas Bleeser

Der Brand führte zu einem Großeinsatz der Rettungskräfte. Bild: Jonas Bleeser

Der Brand führte zu einem Großeinsatz der Rettungskräfte. Bild: Jonas Bleeser

Wie erwartet hat das Tübinger Schwurgericht entschieden, dass eine 58-Jährige zwangsweise in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht werden muss. An der Verhandlung nahm sie nicht teil: Davon hatte sie das Gericht entbunden, da sie psychisch in so schlechter Verfassung ist, dass sie ihr nicht hätte folgen können.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Frau in ihrem Zimmer im Fachpflegeheim für psychisch erkrankte Menschen auf dem Reutlinger Gaisbühl ihr Bettzeug angezündet hatte. Dadurch kam es zu starker Rauchentwicklung: Zwei Bewohner und eine Bewohnerin erstickten.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Einweisung der Frau beantragt. Sie warf der Beschuldigten dreifachen Mord, zweifachen versuchten Mord an weiteren Mitbewohnern sowie besonders schwere Brandstiftung vor. Die Frau leidet an einer schizophrenen Störung und habe sich vermutlich durch das Feuer selbst zu töten versucht. „Daraus entwickelte sich die Katastrophe“, so der Staatsanwalt. Sie wurde selbst schwer verletzt, verließ allerdings schließlich eigenständig das brennende Zimmer. Trotz ihrer Erkrankung sei ihr prinzipiell klar gewesen, dass durch einen Brand auch andere Menschen tödlich verletzt werden könnten. Ihr Ziel sei das aber nicht gewesen. Die Tat selbst habe sie im Zustand mindestens erheblich eingeschränkter Steuerungsfähigkeit begangen. Da sie weiter zu gefährlichen Handlungen neige, sei die Unterbringung der richtige Weg.

Das sah auch ihre Verteidigerin letztlich so. Allerdings wies sie den Mordvorwurf zurück. Ihre Mandantin sei auch laut dem psychiatrischen Sachverständigen nicht in der Lage, die Folgen ihres Handelns vorauszudenken: „In der Vorstellungswelt der Frau können wir das nicht voraussetzen.“ Deshalb handele es sich um einen besonders tragischen Fall von fahrlässiger Tötung und um eine schwere Brandstiftung.

Das Gericht entschied sich in seiner rechtlichen Bewertung der Tat für einen dritten Weg: Die Kammer geht von Brandstiftung mit Todesfolge aus. In einer Vorbemerkung stellte der Vorsitzende darüber hinaus fest, dass Pflege- und Rettungskräfte ihr menschenmöglichstes taten, um die Bewohner des Pflegeheims zu retten. Die drei Opfer seien jedoch so schnell an den Rauchgasen erstickt, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit beim Eintreffen der rasch zum Brandort geeilten Feuerwehr bereits tot waren.

Hier gibt es mehr zum Prozess („Gericht: Sie ist keine Mörderin“)und einen Kommentar zum Problem hinter dem Urteil.

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