Bundeswehr · Afghanistan

Mehr Realismus

Der Afghanistan-Einsatz der internationalen Gemeinschaft geht demnächst in sein zwanzigstes Jahr. Das ist weit länger, als Erster und Zweiter Weltkrieg zusammen gedauert haben. In den USA ist inzwischen – und zwar nicht nur unter Anhängern des scheidenden Präsidenten – von einem „ewigen Krieg“ die Rede.

26.11.2020

Von ELLEN HASENKAMP

Berlin. Den Donald Trump nun möglichst noch vor Ablauf seiner Amtszeit beenden will. Dass in Deutschland nicht ähnlich vehement die Heimkehr der eigenen Soldaten gefordert wird, könnte unter anderem daran liegen, dass kaum noch jemand weiß, dass auch die Bundeswehr noch immer vor Ort ist. Vom öffentlichen Radar ist die Mission Resolute Support jedenfalls weitgehend verschwunden. Manchem Verantwortlichen dürfte das durchaus recht sein: Denn ein glänzender Erfolg ist das jahrelange Engagement nicht geworden. Die internationale Gemeinschaft hinterlässt, wenn sie demnächst das Abenteuer Afghanistan wirklich weitgehend beenden sollte, ein Land, das noch immer arm, chaotisch, korrupt und gewalttätig ist. Ein Land, in dem wackere Demokraten kaum eine Chance haben gegen rivalisierende Clans und radikale Taliban.

Vollkommen umsonst war die Mission allerdings auch nicht. Immerhin konnte die von Afghanistan ausgehende weltweite Terrorgefahr gebannt werden, konnten Kinder wieder zur Schule gehen und Frauen sogar politische Ämter übernehmen. Überhöht waren vor allem die Erwartungen, die mit dem Einsatz verknüpft waren: Eine Demokratie nach westlichem Vorbild am Fuße des Hindukusch aufzubauen, war von Anfang an zu viel verlangt. Die wichtigste Lehre für die internationale Gemeinschaft lautet daher: mehr Realismus.