Tübingen/Athen · Nachruf

Mikis Theodorakis: Festung Europas in Festung des Friedens verwandeln

Er war griechischer Volksheld und Wahltübinger der Linken. Am Donnerstag starb Mikis Theodorakis.

02.09.2021

Von pme

Mikis Theodorakis 1987, als er im Cottahaus aus seiner Autobiographie las. Archivbild: Ulrich Metz

Mikis Theodorakis 1987, als er im Cottahaus aus seiner Autobiographie las. Archivbild: Ulrich Metz

Unvergessen seine Filmmusik zu Alexis Sorbas und die Vertonung des Canto General nach Versen von Pablo Neruda. Mikis Theodorakis war aber nicht nur der bekannteste griechische Komponist des 20. Jahrhunderts. Er war auch Schriftsteller und Politiker. Als Friedensbotschafter traf er unter anderem Salvador Allende, Fidel Castro, Che Guevara, Olof Palme, Willy Brandt, Jassir Arafat, er komponierte die Nationalhymne Palästinas. Gemeinsam mit dem türkischen Musiker Zülfü Livaneli ging er auf Konzerttournee für die türkisch-griechische Freundschaft.

Für die Tübinger Linke wiederum war er als Mitbegründer der Kultur des Friedens seit 1988 so etwas wie ein Wahl-Tübinger. Er war bei vielen Kundgebungen vor Ort, pflanzte eine Friedenslinde mit Gerd Bialas und mahnte an, die kapitalistische Festung Europa müsse in eine Festung des Friedens umgewandelt werden. Es war in den achtziger Jahren, dem Höhepunkt der Friedensbewegung, aber Mikis Theodorakis blieb sein Leben lang dabei. Er war eben kein Zeitgeistlinker, seine Erfahrungen während des Zweiten Weltkriegs und in der Zeit kurz danach war für ihn prägend: Er war Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, kämpfte im Bürgerkrieg auf Seiten der Linken, wurde inhaftiert und gefoltert. Auf internationalen Druck hin durfte er ausreisen und lebte bis 1974 im Pariser Exil. Nach der Rückkehr nach Griechenland gab er im Oktober 1974 im Stadion von Piräus vor 40 000 Menschen ein Konzert. In seiner Heimat ist er ein Volksheld.

Mit der Kultur des Friedens, an der Seite Henning Zierocks war er viel auf Reisen in die Krisengebiete der Welt, in den Irak, Iran, Afghanistan und verschiedene Länder Lateinamerikas. Dort wurden häufig auch seine Werke aufgeführt. Zum Beispiel die Kantate über das Konzentrationslager Mauthausen, die unter anderem in Mauthausen, aber vor wenigen Tagen erst auch im Flüchtlingslager auf Lesbos aufgeführt wurde. Jetzt ist Mikis Theodorakis im Alter von 96 Jahren in Athen gestorben.