Macht Schokolade schlau?

Zur Eröffnung der Chocolart gab es launige Scherze und gewagte Thesen

In vornehmster Gesellschaft eröffnete Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer gestern Mittag die Chocolart, Deutschlands größtes Schokoladenfestival. An seiner Seite standen eine Königin, ein Präsident und ein Schokoladenminister.

01.12.2015

Von Ulrich Janssen

Wie lecker ist das denn! Schauen, probieren, kaufen – das geht seit gestern auf der Tübinger Chocolart.Bild: Metz

Wie lecker ist das denn! Schauen, probieren, kaufen – das geht seit gestern auf der Tübinger Chocolart.Bild: Metz

Tübingen. Zum Schokoladenminister wurde Alexander Bonde allerdings erst von Boris Palmer ernannt. Als Ernährungsminister sei Bonde ja für Schokolade zuständig, scherzte der OB vor gut 70 Zuhörern, und das solle er doch auch im Titel berücksichtigen: „Das bringt Ihnen bei der Wahl Stimmen von Leuten, die sonst immer schwarz wählen.“

Auch sonst herrschte, dem Anlass entsprechend, gute Laune bei der Eröffnung auf dem Marktplatz. Palmer dankte den Organisatoren des nunmehr zehnten Schoko-Festivals und freute sich, dass mit Stéphane Coppey auch der Präsident der Tübinger Partnergemeinde Monthey gekommen war, immerhin ein Gast „aus dem Land, in dem die Schokolade erfunden wurde“.

Herzlich begrüßt wurde auch Lea Stefen, die seit ihrer Wahl im März 2015 als Pralinenkönigin Lea I. durchs Land tourt. Stolz verkündete sie, dass sie schon beim Schokoladenfestival in Wernigerode (einem Chocolart-Ableger) Pralinenkreationen vorstellen durfte.

Ernährungsminister Bonde überbrachte nicht nur die guten Wünsche des Landesvaters, sondern auch erfreuliche Nachrichten aus der Wissenschaft. Die habe nämlich festgestellt, dass „Schokolade schlau macht“. Tatsächlich hatte der Schweizer Mediziner Franz Messerli im angesehenen „New England Journal of Medicine“ behauptet, dass es zwischen dem Pro-Kopf-Verbrauch von Schokolade und der Zahl der Nobelpreisträger in einem Volk einen Zusammenhang gebe. Bonde riet den Besuchern, sich in dieser Frage aber nicht nur auf die Wissenschaft zu verlassen, sondern lieber eigene Experimente vorzunehmen. Ausdrücklich lobte der Minister, dass in diesem Jahr auf dem Festival noch mehr als sonst die fairen Arbeitsbedingungen in Produktion und Handel im Mittelpunkt standen: „Baden-Württemberg ist ein Genießerland, das zur Verantwortung steht.“

Auch Jörg Romanowski, Chef des Tübinger Handel- und Gewerbevereins, freute sich über die große Präsenz von gerecht gehandelter Schokolade auf der diesjährigen Chocolart. Das sei kein Zufall: „Auf den Tag genau vor fünf Jahren wurde Tübingen zur Fairtrade-Stadt ernannt.“

Auf Deutschlands größtem Schokoladenfestival finden die Schokoliebhaber aber nicht nur fair gehandelte Schokolade. Fast alles, was aus Kakao gemacht werden kann, ist hier zu haben. In den Auslagen liegen bewährte Klassiker neben gewagten Schoko-Kreationen. So gibt es Anti-Stress-Pralinen, Marzipan-Maultaschen mit Nougatfüllung und – am Stand von „Tübingen Erleben“ – auch wieder das erstaunlich beliebte Schoko-Bier.

„Bei den beiden französischen Biersorten“, informierte uns Annika Link, „wird der Kakao direkt beim Brauen dazu gegeben.“ In Deutschland dagegen kommt – wegen des strengen Reinheitsgebots – die Schokolade erst später dazu. „Im letzten Jahr“, meinte Link, „war das Schokobier der Renner, die Leute kauften sogar nach.“ Dass es gleich gegenüber, am Stand von
„A.M. Schoko“, sogar Schoko-Flaschenöffner (für 3,- Euro) zu kaufen gibt, passt gut.

Die weiteste Anreise unter den rund 100 Ausstellern hatte Giutaras Gausys. Der Chocolatier aus Vilnius in Litauen kam nach Tübingen, obwohl er bei seinem ersten Besuch im letzten Jahr den Tübinger Geschmack noch nicht so recht traf. „Die Litauer sind viel experimentierfreudiger“, lernte er, „die Leute hier sind in ihrem Schokoladengeschmack eher konservativ.“ Trotzdem können Wagemutige in diesem Jahr am Stand von „Fotogama“ neben bewährten Sahne-Trüffel- oder Kirsch-Schoko-Pralinen auch Schoko-Käse- oder Schoko-Chili-Kompositionen testen. Selbst Schokolade in Tulpenform hat der Litauer mitgebracht.

Unbedingt anschauen sollte man aber auch die Objekte, die Stanislav Krámský aus Prag nach Tübingen mitgebracht hat. Der 63-jährige Tscheche zeigt im Rathaus 200 historische Verpackungen, darunter Raritäten wie die ersten quadratischen Ritter Sport-Tafeln oder Pralinenschachten aus den Zeiten der K.u.K.-Monarchie. Der weltweit bedeutendste Sammler von Schokoladen-Accessoires, der knapp 120 000 Verpackungen gesammelt hat, war schon am Sonntag angereist und genoss gestern seinen Rundgang über das Festival. „Ich sammle ja nicht nur“, verriet er dem TAGBLATT, „ich esse auch.“

Info: Die Chocolart ist bis zum 6. Dezember geöffnet. Infos unter: www.chocolart.de

Mit einer Jubiläumstorte überraschte gestern die Münchner Confiserie „Madlon“ Ernährungsminister Alexander Bonde, Pralinenkönigin Lea I. und OB Boris Palmer (von links) bei der Chocolart-Eröffnung.Bild: Janßen

Mit einer Jubiläumstorte überraschte gestern die Münchner Confiserie „Madlon“ Ernährungsminister Alexander Bonde, Pralinenkönigin Lea I. und OB Boris Palmer (von links) bei der Chocolart-Eröffnung.Bild: Janßen