Kommentar

Zum Urteil gegen die IS-Rückkehrerin: ein Stück Aufarbeitung

Es ist eine Tat, die jeden Menschen schaudern lässt, der auch nur über einen Funken Mitgefühl verfügt.

26.10.2021

Von Ellen Hasenkamp

Ein kleines Mädchen sengender Hitze anzuketten, sein Rufen nach der Mutter zu ignorieren, es am Ende sterben zu lassen. Und nicht nur das. Auch die weiteren Umstände verstören; dass Frau und Kind Kriegsgefangene waren, dass sie auf einem Sklavenmarkt gekauft wurden, dass Strafen und Schläge für beide zum Alltag gehörten. Wenn sich also derartiges Leid überhaupt in einem Gerichtsurteil abbilden lässt, klingen zehn Jahre Haft für die Angeklagte nach einer eher milden Strafe.

Der Prozess in München hat aber nicht nur wegen der Grausamkeit des Verhandelten weit über Deutschland hinaus Aufsehen erregt, sondern auch wegen seiner Symbolik für die Aufarbeitung der Verbrechen an den Jesiden. Das ist sein Verdienst, und das ist zugleich sein Problem. Denn vor Gericht stand zum einen eine junge Frau aus der niedersächsischen Provinz, die es zum selbsternannten Islamischen Staat in den Irak zog. Vor Gericht stand aber eben auch die geplante Vernichtung der Jesiden durch die IS-Terroristen.

Das bayerische Gericht hatte so gesehen die schwere Aufgabe, mit den Mitteln eines Prozesses einem Menschheitsverbrechen beikommen zu müssen. Dass der Leichnam des Kindes bis heute nicht gefunden ist und die Aussagen der Mutter des toten Mädchens wegen ihrer rudimentären Bildung und ihres Sprachfehlers widersprüchlich und schwer verständlich waren, hat die Aufklärung nicht leichter gemacht. Am Ende aber bleibt die Erkenntnis, dass ein Mangel an Moral und Mitgefühl vielleicht kein Menschheitsverbrechen ist, aber in jedem Fall dazu beiträgt.