Züchtertreffen in Weilheim

Zuerst die Ziegen, dann der Job

Züchter aus ganz Südwürttemberg trafen sich am gestrigen Sonntag in Weilheim und brachten ihre schönsten Tiere mit.

14.05.2018

Von Dorothee Hermann

Siegte in Weilheim bei den Pfauenziegen (grau-schwarze Gebirgsrasse): Bock Limango, mit Züchter Hubert Großmann aus Sulzburg. Bild: Sommer

Siegte in Weilheim bei den Pfauenziegen (grau-schwarze Gebirgsrasse): Bock Limango, mit Züchter Hubert Großmann aus Sulzburg. Bild: Sommer

Eine großzügige Schicht frisches Stroh machte am Sonntag 20 Ziegen aus ganz Südwürttemberg den Aufenthalt in einer Weilheimer Scheune angenehm. Dort ließen sie sich von zahlreichen großen und kleinen Besuchern bewundern. Im Freigehege auf der Wiese neben dem Feuerwehrhaus tummelten sich sechs junge weiß-bräunliche Burenziegen aus Rübgarten. Züchterin Lydia Graw ist mit Ziegen aufgewachsen und hat sich im Ruhestand wieder welche zugelegt, eine Fleischrasse. Längst hat sie regelmäßige Abnehmer.

Vorsitzender des Ziegenzuchtvereins Tübingen ist der Weilheimer Alwin Gutbrod. Für die Ziegenschau stellte er vier Tiere zur Verfügung. Drei weitere Milchziegen und drei Jungtiere blieben zuhause im Stall. Alle zählen zur Rasse Bunte Deutsche Edelziege, deren kurzes Fell von hellbraun bis schwarzbraun variieren kann. Charakteristisch ist der schwarze Aalstrich auf dem Rücken. Vereinsbock Georg (eher der dunklere Typ) ist gewöhnlich in Derendingen untergebracht. Dort hält Landwirt Manfred Beuter das Tier für den Tübinger Ziegenzuchtverein gemeinsam mit seinen Rindern.

Die Roten Würste vom Grill waren aus Ziegenfleisch. Gutbrod ist Metzger von Beruf und hat die Würste in seinem Betrieb, der Dorfmetzgerei Narr in Hemmendorf, hergestellt. „Das hat bei einem Geißenfest Tradition. Wenn es einer nicht weiß, kann er kaum unterscheiden, ob das Ziege ist oder Rind mit Schwein“, sagte er. Ein bisschen Schwein sei immer dabei. Denn das magere Ziegenfleisch allein würde sonst ein bisschen trocken ausfallen.

Gutbrod liebt Ziegen, seit er die Tiere als Kind auf dem Weilheimer Hof von Andreas und Luise Jenth kennenlernte. Seit 34 Jahren hält er selbst welche, mittlerweile unterstützt von seinem Sohn Andreas. Außer den beiden gibt es in Weilheim nur noch einen weiteren Ziegenhalter.

Üblicherweise gibt es bei Geißenfesten Ziegenkäse. Das hat diesmal nicht geklappt. Deshalb sind Karin Zimmermann und Armin Haug (ein gebürtiger Weilheimer) mit Schafskäse eingesprungen. Das Paar hält in Gäufelden-Tailfingen 180 Schafe und betreibt auch eine Hofkäserei. „Wir haben Schafe mit Hörnern, die sehen fast wie Ziegen aus“, sagte Zimmermann. Es handelt sich um die Rasse Maneche Tête Noire aus dem französischen Baskenland. Könnten sich die gehörnten Tiere notfalls selbst gegen Wölfe verteidigen? „Da setze ich eher auf Elektrozaun mit zackig Strom drauf“, so Zimmermann. „Wir sind jetzt im Wolfsgebiet“, meinte sie. „32 Kilometer von Bad Wildbad entfernt.“ Dieses Frühjahr habe ein Jäger bei Altingen einen Wolf gesichtet.

Ziege Selina von Doris Haug aus Seitingen, vom Zuchtverein Rottweil-Tuttlingen, kann sogar Schnürsenkel öffnen. „Nichts ist ziegensicher“, weiß die Züchterin, die fünf Muttertiere hält und dazu 22 Fleischrinder. Die Milch bekommt die Familie von ihren Ziegen. Haug verwendet sie zum Kochen, macht Quark, Joghurt, Pudding und Käse für den Hausgebrauch. „Ziegenmilch ist gehaltvoller. Aber sie muss halt frisch sein. Wenn sie ihren Bock-Touch hat, mag es keiner.“ Was sie an den Tieren besonders fasziniert: „die Neugierde, der Wunderfitz, wie man auf Schwäbisch sagt“. Auch Selina ist eine Bunte Deutsche Edelziege, wie sie „schon immer hier heimisch“ waren.

Ziemlich auffällig ist hingegen die Walliser Schwarzhalsziege (Kopf und Rumpf schwarz, nach hinten zu weiß). Im oberschwäbischen Biberach hält Joachim Glaser 20 Tiere der auffallenden Langhaarrasse, ursprünglich eine Gebirgsziege aus dem schweizerischen Kanton Wallis, und dazu zwei Hinterwälder Mutterkühe.

Der Metallbautechniker hat seinen Arbeitsalltag so eingerichtet, dass er sich frühmorgens und abends um seine Ziegen kümmern kann. Das lange Haar der Tiere darf man nicht schneiden. Es braucht aber Pflege: kämmen (einmal pro Woche) und waschen (idealerweise dreimal im Jahr), sagte Glaser. „Die Ziegen werden auch bei Festumzügen eingesetzt.“ Davon hat er Fotos auf seinem Smartphone: Ziegen ziehen einen kleinen Wagen, in dem zwei Kinder sitzen. „Man muss mit kleinen Strecken anfangen. Aber sie lernen sehr schnell.“

Es gibt immer weniger Ziegenzüchter

Zur Weilheimer Ziegenschauvor drei Jahren kamen noch 40 Tiere . Heuer waren es nur 20. „Uns fehlt der Nachwuchs“, bedauerte Züchterin Doris Haug vom Ziegenzuchtverein Rottweil-Tuttlingen am gestrigen Sonntag in Weilheim. Zunehmende veterinärrechtliche Vorschriften überforderten manchen Halter, so der Weilheimer Züchter Alwin Gutbrod. Als Preisrichter fungierten Dr. Sabine Wheeler vom Kreisveterinäramt, Tierzuchttechnikerin Daniela Nicolaus und Dr. Ulrich Jaudas, ehemaliger Präsident des Landesziegenzuchtverbands und selbst Züchter. Sie begutachteten Körpermaße, Aussehen, Milchleistung und Allgemeinzustand der Tiere.