Downsizing

Zirkuswagen zum Wurzeln schlagen

Tiny-Häuser sind schwer im Trend. Das beschert auch Thomas Gronmayer mehr Anfragen. Seine großformatigen Mini-Mobile werden aber vor allem als zusätzlicher Wohnraum genutzt.

23.06.2021

Von ALFRED WIEDEMANN

Thomas Gronmayer vor seinem ersten Zirkuswagen. Foto: Alfred Wiedemann

Thomas Gronmayer vor seinem ersten Zirkuswagen. Foto: Alfred Wiedemann

Leutkirch. Groß, zweiachsig, mit Holzwänden, Rundbogendach und Oberlicht, so rollten früher die Mobilheime von Artisten und Schaustellern an. Menschen, Tiere, Rummel, Sensationen versprachen die Zirkuswagen. Längst von Wohnwagen abgelöst, gibt es sie aber noch. Sogar ganz neu aufgebaut und mit Wunschausstattung mit Küche, Ofen, Bett, mit Wasseranschluss und Strom.

Thomas Gronmayer ist einer der Zirkuswagenbauer von heute. Er fertigt in aufwendiger Holzständerbauweise, alles wird verdübelt und verleimt, nicht genagelt und geschraubt. Alles öko, auch die Holtfaserdämmung. Die Gestelle sind zwillingsbereift, druckluftgebremst und tragen bis zu 18 Tonnen.

Viel Arbeit, alles öko

600 Arbeitsstunden stecken in so einem Wagen. Das geht nicht billig und bei 40.000 Euro erst los. Aufwand und Material für die Wunschaustattung kommen hinzu. Immerhin: Gestiegene Holzpreise, so Gronmayer, fallen da nicht mehr ins Gewicht.

Zirkuswagen seien anders als die gerade so gefragten Tiny-Häuser, sagt Gronmayer. Das muss er Interessenten immer erklären, zwei, drei Anfragen bekommt er jede Woche. Bei den hölzernen Mini-Häusern geht es vor allem um eine günstige und umweltbewusste Alternative zum sauteuer gewordenen Häusle. Tiny-Houses seien einfacher zu fertigen und ab 30 000 Euro aufwärts zu haben. „Ich kann auch aus einem Zirkuswagen ein Tiny-Haus machen, klar“, sagt Gronmayer, aber durch die nötige Ausstattung werde der Wagen teurer als einfache Mobil-Häuschen, die normalerweise auch keine Zweiachser-Fahrgestelle mit 18 Tonnen Nutzlast benötigen. „Klar geht es auch kleiner bei Zirkuswagen“, sagt Gronmayer, „aber die kleinen Einachser mit dreieinhalb Tonnen sind nicht so meins.“

Seine Zirkuswagen dienen vor allem als Zusatzraum für Wohnen und Leben. Als Erweiterung, wenn der Platz nicht reicht, es aber Platz im Grünen gibt. Wie bei Gronmayers letztem Auftrag: Eine Künstlerin aus Regensburg hat sich einen Zirkuswagen als Atelier bauen lassen.

Auch die Idee zu Gronmayers erstem Wagen, dem eigenem, kam so auf. Die Familie lebte in einem „Hexenhäuschen“ auf 90 Quadratmetern und träumte erst einmal nur von einem Zirkuswagen als Zusatzwohnraum am Haus.

Gronmayer, der in einem Zimmereibetrieb aufgewachsen ist, Elektroniker gelernt und als Wasserkraft-Monteur gearbeitet hat, baute dann den Wagen für seine Familie.

Heute, nach einem Umzug, steht der vor dem Bauernhof in Leutkirch-Weipoldshofen, den Gronmayers bewohnen. Anschauungsobjekt für Interessenten, mit dänischen Sprossenfenstern, die platzsparend nach außen öffnen, ohne Zirkusduft, aber mit Holzaroma, mit eingebauter Küche, Holzofen und mit rotem Planendach. „Ein Blechdach hält länger, ist aber teuer.“ Gronmayer macht es, wie es seine Kundschaft haben möchte. Die ist gern gesehen während des Aufbaus, hat öfter noch Ideen für Änderungen – oder freue sich einfach über die Baufortschritte beim Besuch, erzählt Gronmayer.

En großes Fahrgestell steht gerade im Hof, noch ohne Aufbau. Es ist für den nächsten Zirkuswagen vorgesehen, für einen Waldkindergarten in Leutkirch.

Das Arbeiten mit direktem Familienanschluss sei viel, viel besser als ein Acht-Stunden-Job irgendwo in einer Firma oder ein Job am Fließband, sagt Gronmayer. Eine kleine Landwirtschaft betreibt er mit seiner Frau, die Landwirtschaft studiert hat, zusätzlich. Schweine und Hühner gehören dazu, ein Gemüseacker, der mit anderen zusammen gehegt und gepflegt wird. „Einmal im Monat fahren wir zum Einkaufen, das reicht“, sagt Gronmayer. Aber genug geredet, jetzt geht's wieder ans Vorbereiten des Kindergarten-Zirkuswagens. Bis zum Herbst soll er ja fertig sein.

Das Fahrgestell steht bei Thomas Gronmayer auf dem Hof: Bis zum Herbst wird das ein Zirkuswagen für Leutkircher Waldkindergarten-Kinder. Foto: Alfred Wiedemann

Das Fahrgestell steht bei Thomas Gronmayer auf dem Hof: Bis zum Herbst wird das ein Zirkuswagen für Leutkircher Waldkindergarten-Kinder. Foto: Alfred Wiedemann