Tübingen

Zeltwanger: Groß denken

Die einst in Dußlingen gegründete Zeltwanger-Gruppe wächst kontinuierlich. Mit mittlerweile 470 Mitarbeitern, davon über 40 Azubis, besteht sie aus neun operativen Unternehmen; erwarteter Gesamtumsatz für das laufende Jahr: 80 Millionen Euro. Ulrich Zeltwanger leitet das Unternehmen seit 40 Jahren mit einer besonnenen Unternehmensphilosophie.

13.10.2022

Von Simone Maier

Ulrich Zeltwanger. Privatbild

Ulrich Zeltwanger. Privatbild

or nicht einmal vier Jahren wurde der neue Büro- und Produktionskomplex der Zeltwanger Maschinenbau GmbH in der Eisenbahnstraße im Tübinger Industriegebiet Au-Ost eingeweiht und schon jetzt herrscht wieder Platznot. „Wir brauchen dringend zusätzliche Fläche“, so Ulrich Zeltwanger, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Unternehmens. Dass der hauseigene Slogan „Freude an Technik“ nicht nur eine Plattitüde ist, wird schnell klar, wenn man sich mit dem Chef und seinen leitenden Angestellten unterhält. Denn diese Symbiose, der das Unternehmen die geeignete Spielwiese bietet, eröffnet den Mitarbeitern die Chance, sich und ihre Talente mit Herzblut zu entwickeln und einzusetzen. Hieraus entstehen großartige Ergebnisse. Und das inmitten der Corona-Pandemie und einer insgesamt volatilen Wirtschaftslage.

Mit einem Fokus auf Branchen wie E-Mobility, Medizintechnik, Biotechnologie und Industrie 4.0 rüstet sich das Unternehmen für die Zukunft. Ulrich Zeltwanger hat in den letzten Jahren die strategische Ausrichtung seines Unternehmens maßgeblich verändert. Jedes der eigenständigen Unternehmen innerhalb der Zeltwanger-Gruppe hat eine eigene Führung. Aus der Holding heraus werden alle Unternehmen koordiniert und begleitet. Ulrich Zeltwanger, der Generalist gemeinsam mit den führenden Mitarbeitern der Unternehmen, den Spezialisten. „Schließlich habe ich noch nie eine Fin Mill entwickelt“, schmunzelt der Chef. Dafür aber einer, der einen seiner neuen und zukunftsträchtigen Bereiche leitet: Wladimir Leimann. Geschäftsbereichsleiter des Bereichs Zeltwanger Thermomanagement. Die Zeltwanger Fin Mill kommt bei der Herstellung hocheffizienter Wärmetauscher zum Einsatz. Wärmetauscher sind sehr gefragt. Warum? Weil die Anwendungsgebiete sehr vielfältig sind. Von der einfachen Fahrzeugklimaanlage über die Abwasserbehandlung bis hin zum Einsatz in Kraftwerken. Auch im Bereich der E-Mobilität sind Wärmetauscher von großer Relevanz, zum Beispiel bei der Kühlung von E-Motoren oder bei Brennstoffzellen-Systemen. Die hohen Leistungswerte eines Wärmetauschers werden durch effiziente Wärmeübertragungsrippen ermöglicht. Und jetzt kommen wieder die Entwickler von Zeltwanger ins Spiel, denn die Herstellung dieser Wellrippen erfolgt über die hauseigens entwickelte Fin Mill.

Der Sommer 2022 war in Deutschland der sonnigste, einer der trockensten und gehört zu den vier wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn 1881. Das vermeldete der Deutsche Wetterdienst (DWD) erst Ende August nach ersten Auswertungen der rund 2 000 Messstationen. „Wahrscheinlich wird es in naher Zukunft kein einziges Auto mehr ohne Klimaanlage geben“, so Leimann. Die Statistik gibt ihm recht. Lag der Anteil von Klimaanlagen im Auto 1996 bei 15 Prozent, so liegt er heute bei 94 Prozent. „Die Kombination unserer Innovation im Bereich Automation gepaart mit unserer Kompetenz in der Dichtheits- und Funktionsprüfung ist beispiellos“, so Experte Leimann. Die High-End Prüfgeräte der Zeltwanger LTA, einem weiteren Unternehmen aus der Gruppe, werden praktisch von allen deutschen Premium-Autoherstellern bezogen. Aber es geht weiter. Nicht nur die Geräte kommen aus Tübingen, sondern auch Dienstleistungen rund um dieses Thema. Dieses Gesamtpaket macht quasi die DNA des Unternehmens aus. Den Erfolg.

2020 war deshalb auch ein Jahr, in dem der Umsatz zurückging. Doch schon 2021 war wieder ein Wachstum zu verzeichnen und im laufenden Jahr „liegen wir beim Gesamtumsatz der Gruppe bereits jetzt 15 Prozent über Plan“, so der Geschäftsführer. Und das, obwohl das Unternehmen noch nie so viele Krankheitsausfälle wie in den letzten zwei Jahren hatte. Auch Homeoffice war in einigen Abteilungen möglich. „Ich denke, unsere Leute haben ein gutes Gespür dafür, was geht und was nicht“, so der Chef, der wieder einmal mehr seinen Mitarbeitern die Selbstverantwortung übergibt und dafür belohnt wird. Kein Wunder also, dass das neue Unternehmensgebäude schon wieder aus allen Nähten platzt. Bleibt für die Mitarbeiter zu hoffen, dass der große Zeltwanger-Parkplatz den Bebauungsplänen nicht zum Opfer fällt, sondern die Stadt sich noch etwas einfallen lässt.