Gernot Stegert macht sich über Auswüchse im Naturschutz lustig

Woraus ich Blut sauge

Auch Fledermäuse bringen Mäuse. Es ist Zeit, über meinen diskreten Nebenerwerb zu schreiben. Die flauschigen Säugetiere sind niedlich und etwas Besonderes. Weil sie fliegen und echoloten können. Und ein bisschen Gruseleffekt ist bei den kleinen Vampiren auch dabei.

13.11.2017

Von Gernot Stegert

Toll. Doch nicht deshalb habe ich mir vor vielen Jahren eine alte leere Scheune im Außenbereich gemietet und eine Kolonie Microchiroptera angesiedelt. Dort vermehren sie sich – und damit mein Kapital. Denn ich betreibe nicht aus Liebhaberei die Fledermauszucht. Es geht ums Geld.

Das Geschäftsmodell ist einfach: Meine Kunden sind Anwohner. Wo ein Konzert, ein Markt oder sonst eine öffentliche Veranstaltung geplant ist, gibt es immer viele, die ihre Ruhe haben wollen. In ihrem Auftrag setze ich einige Exemplare aus und flatterdieflatter verbietet die Naturschutzbehörde das Event. Auf die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinien ist Verlass. Meine Kunden müssen keine Belästigung mehr fürchten. Das ist ihnen in der Regel viel wert. Ich berechne meine Preise nach Aufwand.

Das Tübinger Schloss mit Fledermäusen zu besetzen und damit allen Konzerten und Theateraufführungen im Innenhof einen Riegel vorzuschieben, war damals schon sehr herausfordernd. Hat aber geklappt. Wir sind ja längst eine Naturnation, zumindest rechtlich und bürokratisch. Damals haben viele Anwohner zusammengelegt, das hat sich für mich gelohnt.

Gerne hätte ich auch noch länger die Besucherströme zum weltgrößten Fass im Schlosskeller verhindert. Aber dummerweise haben die Verantwortlichen jetzt eine Kompromisslösung gefunden (siehe Stadt und Uni machen Fass auf). So etwas ist für mich geschäftsschädigend. Na ja, gut. Immerhin wird im Schlosskeller viel Aufwand getrieben, da kann ich nur zufrieden lächeln. Die Frequenzen der Lampen zu untersuchen, darauf muss man erstmal kommen. Weiter so!

Ich hoffe nur, dass keiner merkt, dass Fledermäuse gar nicht beim kleinsten Geräusch tot vom Himmel fallen. Sie lassen sich ja auch streicheln, zumindest zeigen das ihre menschlichen Freunde immer bei der jährlichen Europäischen Fledermausnacht. Die Tiere sind Kulturfolger und in Städte eingewandert. Wichtig ist ihnen vor allem genügend Nahrung. Über Bächen und dem Neckar schweben reichlich Insekten. Die kleinen Vampire müssen nicht im Schloss schlafen, sie lieben es auch unter Brücken. Und in Baumhöhlen. Aber psst, nicht weitersagen. Man kann ihnen auch mit Fledermauskästen am Hausdach helfen. Na, wie ist es, Anwohner von Holzmarkt und Marktplatz?

Falls das Fledermaus-Geschäft mal abflauen sollte, baue ich eben meinen Juchtenkäferverkauf aus. Bisher lief der in Tübingen noch nicht so gut wie der meiner Kollegen in Stuttgart. Vielleicht, weil ich nicht jeden Auftrag annehme. Etwa den gegen die Flüchtlingsunterkunft in der Europastraße. Da muss ein Wettbewerber aktiv gewesen sein. Zu meiner Schadenfreude mit mäßigem Erfolg. Die Stadt musste das Gebäude nur umständlich zweiteilen, damit der olle Apfelbaum mit dem Juchtenkäfer stehen bleibt.

Aber ich sehe noch Potenzial in der Unistadt. Vielleicht hat die Bürgerinitiative Au-Brunnen ja Interesse. Meine Mailadresse lautet: totenstille@badman.de