Möbel

Wohnen ist das neue Reisen

In der Pandemie ist der Wunsch nach einer schönen Einrichtung gestiegen. Wenn Reisen wieder möglich ist, könnte sich dies schnell ändern. Aber die Branche ist optimistisch.

21.01.2021

Von Lena Rehm

Anforderungen an das Zuhause wie Homeoffice und Homeschooling prägen die Branche. Foto: ©Monkey Business Images/shutterstock.com

Anforderungen an das Zuhause wie Homeoffice und Homeschooling prägen die Branche. Foto: ©Monkey Business Images/shutterstock.com

Die eigenen vier Wände sind seit gut einem Jahr wegen der Pandemie nicht nur das Zuhause, sondern auch Arbeitsplatz, Klassenzimmer und Kantine. Damit dabei der Wohlfühlfaktor möglichst erhalten bleibt, investierten viele Verbraucher nach dem ersten Lockdown im Frühjahr ihr Geld ins Wohnen. Denn „Wohnen war 2020 das neue Reisen“, sagt Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie (VDM).

„Für die Möbelbranche war das Jahr 2020 eine Achterbahnfahrt“, sagt Kurth. Zuerst kam der Umsatzeinbruch durch den ersten Lockdown im Frühjahr, dann die überdurchschnittlich hohe Nachfrage im Sommer. Hinzu kamen die zeitlich begrenzte Senkung der Mehrwertsteuer und seit November dann die erneute Schließung des Einzelhandels. Dennoch sei die Möbelindustrie mit einem blauen Auge davongekommen, sagt Kurth.

Während der Corona-Krise hätten Verbraucher viel Wert auf eine gemütliche Einrichtung gelegt, sowie die eigenen vier Wände den neuen Anforderungen an Homeoffice, Homeschooling und Homecooking angepasst, sagt Kurth. Dem VDM zufolge stiegen die Auftragseingänge in der Wohnmöbelindustrie 2020 um 14,1 Prozent, in der Küchenmöbelindustrie um 11,8 Prozent und in der Polstermöbelindustrie um 5,5 Prozent. Dennoch müsse die deutsche Möbelindustrie den Hochrechnungen zufolge für das vergangene Jahr pandemiebedingt ein Umsatzminus von rund 4 Prozent hinnehmen.

Dank der gestiegenen Aufträge im November und Dezember können die Möbelhersteller derzeit noch von einem Auftragsbestand aus dem vergangenen Jahr zehren. Dieser halte jedoch nicht ewig, betont Kurth. Im Gegensatz zur Möbelindustrie konnte der Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandel den Hochrechnungen zufolge seine Umsätze im Jahr 2020 sogar um etwa 1 Prozent auf etwa 34,5 Milliarden Euro steigern, wie Christian Haeser, Geschäftsführer des Handelsverbandes Möbel und Küchen (BVDM), mitteilt.

Wichtig für die Hersteller sei jetzt, dass der Handel fertige Produkte annehme, damit die Produktion reibungslos weitergehe und nicht – wie nach dem Lockdown im Frühjahr – abreiße, betont Kurth.

Der Beschluss zur Verlängerung des Lockdowns treffe die Branche schwer, da der Januar zur umsatzstärksten Zeit des Möbelhandels und damit auch der Hersteller zähle, kritisiert VDM-Geschäftsführer Kurth: „Was wir brauchen ist eine Öffnungsperspektive.“ Kurth fordert bis dahin, dass Einzelberatungstermine ermöglicht werden, um Wünsche nach neuen Einrichtungen zu erfüllen. Täglich fänden 20?000 Umzüge in Deutschland statt, der Bedarf nach Möbeln sei groß.

Nach dem 14. Februar gibt es Lösungen für sicheres Einkaufen. Kunden sollen dann mehr Abstand zueinander bekommen, Öffnungszeiten entzerrt werden und auf besondere Werbeaktionen wolle man möglicherweise verzichten.

Für 2021 erwartet Haeser eine relativ stabile Nachfrage, die jedoch vom weiteren Pandemiegeschehen abhänge. Sobald Reisen wieder uneingeschränkt möglich seien, rechnet der BVDM mit steigenden Urlaubsausgaben – die Auftragseingänge der Branche dürften stagnieren. Ein konkreter Ausblick auf die Geschäftsentwicklung der kommenden Monate fällt VDM-Chef Kurth schwer. Doch auch er ist optimistisch, dass das Thema Wohnen und Einrichten weiterhin einen hohen Stellenwert bei den Verbrauchern haben wird.

Digitale und physische Welt verknüpfen

„Die Wirtschaft braucht Messen“, sagt Oliver Frese, Geschäftsführer der Koelnmesse. Eigentlich würde in dieser Woche die imm cologne 2021 stattfinden.

Pandemiebedingt wird die internationale Einrichtungsmesse jedoch erst 2022 in die nächste Runde gehen. Dann wird sie statt der bisher sieben Tage nur noch fünf Tage stattfinden. Zusätzliche digitale Angebote sollen die Messe zu einer hybriden Veranstaltung machen, so Frese, und die digitale und physische Welt verknüpfen.