Unser Ort des Tages

Wo ist der Teich? Es ist zum Weggucken!

Es regnet, die Erde wird nass, die Pfützenbildung schreitet voran, die Flüsse steigen, die Teiche laufen über ... Die Teiche laufen über?

08.08.2019

Von ust

Bild: Ulla Steuernagel

Bild: Ulla Steuernagel

Wo soll hier ein Teich sein? Zwischen Tennis- und Ruderclub, direkt an der Gartenstraße, war er einmal, jetzt liegt das Fleckchen nur noch trocken da. Die Kuhle, in der früher munter die Fröschlein quakten und Schilf und Seerosen sich so japanisch inszenierten, als wollten sie beim Ikebana-Wettbewerb mindestens einen Achtungspreis gewinnen, diese Kuhle füllt sich jedenfalls nicht mit Wasser. Da kann es regnen und regnen.

Im April erfuhren wir, dass nicht die Stadtverwaltung den schönen Teich auf dem Gewissen hat, sondern die Natur ihn selbst trockenlegte, indem sie den Brunnen, der ihm Wasser spendet, einfach zwei Jahre lang nicht belieferte. Die Stadtgärtner wollten also der Natur ihren Lauf oder ihren Zulauf lassen und gucken, was passiert. Wir haben in Vertretung der Stadt am Teich vorbeigeschaut und hätten am liebsten gleich wieder weggeguckt. Die Natur hat es sich hier nämlich ziemlich einfach gemacht. Sie hat ihren willigsten und anspruchslosesten Diener losgeschickt, um den Boden – früher bekannt als Teich – zu begrünen: Es ist das Indische oder Drüsige Springkraut, das nun üppig im ehemaligen Wasserbassin sprießt.

Nun haben wir also den Salat! Immerhin kündet diese robuste Vegetation davon, dass der Boden nicht ganz trocken ist, denn das Springkraut siedelt sich gerne an Flussufern und in feuchten Gebieten an. Soll das nun so bleiben? Die Stadt Tübingen teilt mit, dass ein Befüllungsversuch im Frühjahr missglückte, weil das Teichbett durch Wurzelwerk zu undicht geworden sei. Ob der Grund nun mit einer Lehmschicht versehen oder ein Ersatzbiotop geschaffen werden soll, darüber werde im Zuge der Neckarrenaturierung eine Arbeitsgruppe mit Bürgerbeteiligung entscheiden. Gegen die Ausbreitung des Springkrauts lässt sich wenigstens jetzt schon aktiv werden. Man kann den angeblich nussig schmeckenden Samen einfach aufessen. Damit lässt sich dem einjährigen Gewächs möglicherweise der Garaus machen. Die Bank, ehemals für den kontemplativen Blick aufs malerische Gewässer gedacht, könnte so eine neue Funktion bekommen: zum Ausruhen nach dem Ernteeinsatz.